Das Weingut liegt unscheinbar an der Schnellstraße in Vosne-Romanée, dem Überflieger-Dorf des Burgunds. Doch der Schein trügt, denn was hier im Keller unter Guillaume Tardys Händen entsteht, ist Hochpräzisions-Handwerk der Extraklasse.
Die kleine Domaine wird seit 2006 erst in zweiter Generation von Guillaume Tardy geführt, der dem winzigen Familienbetrieb nochmal gewaltig viel Dampf eingehaucht hat. Er liebt frische und straffe Weine mit satter Frucht, die nichts Überbordendes haben. Tardy gehört immer eher zur ersten Hälfte, die in Vosne die Weinlese beginnt, er möchte moderate Alkoholgrade und natürliche Säurefrische ernten. Überreife und Pflaumigkeit sind nicht sein Ding. Dennoch ist Tardys Stil alles andere als schwach auf der Brust. Sein Holzeinsatz ist herzhaft, die Vinifikation zwar nicht explizit auf Extraktion ausgelegt, aber schon eher der Kraft zugewandt. Stilistisch vergleichbar mit Grivot, aber in anderem Terroir unterwegs – und vor allem auch in anderen preislichen Sphären, denn Tardy ist trotz der Boutique-Größe und eines Kultstatus unter französischen Sommeliers nie abgehoben.
Tardys Pinots bekommen in der Regel eine Kaltmazeration vor der Gärung und werden vollständig entrappt, sowie anschließend in Edelstahltanks rein spontan vergoren und dann in klassischen Barriques von Meryieux und Montgillard, also lokalen Tonnellerien, ausgebaut. Er ist nicht unbedingt sparsam mit Neuholzanteilen, jene rangieren von 25 bis über 50 Prozent, oder jährlich neuen Fässern bei seinem einzigen Grand Cru Echezeaux, von dem es aber je nach Jahrgang ohnehin nur ein bis zwei Fässer gibt.
Seit dem Jahrgang 2023 hat Guillaume Tardy einen nagelneuen Entrapper, der die Trauben absolut nicht ankratzt. Somit geht er mit geschlossenen Trauben in die Spontangärung und stößt dann ein, zwei Mal unter, um den Zucker freizusetzen, das gibt dann einen satten Fruchtschub und noch purere Aromatik. Meine persönlichen Lieblinge sind bei Tardy stets der Vosne Vigneux, sowie der Nuits 1er Cru Aux Argillas von alten Reben im höchsten Teil der Lage.
Ein 2013er Vosne-Romanée Vigneux im Zweisterne-Restaurant Chapeau Rouge in Dijon, eine wärmste Empfehlung des sehr erfahrenen Somms, hat mich damals auf die Domaine aufmerksam gemacht. Erst nach vielen Jahren der jährlichen Besuche und des gemeinsamen Verkostens, hat Guillaume ein paar Mengen für uns freimachen können. Aber das Warten hat sich mehr als gelohnt, denn für mich persönlich ist Tardy ein wenig bekanntes Goldstück für Burgund-Insider.