Karsten Peter: Chardonnay Mineral Leistadt Ortswein 2023

Karsten Peter: Chardonnay Mineral Leistadt Ortswein 2023

Zum Winzer

95–96+
100
2
Chardonnay 100%
5
weiß, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2026–2038
Verpackt in: 6er
9
frische Säure
mineralisch
3
Lobenberg: 95–96+/100
Suckling zu 2022: 94/100
6
Deutschland, Pfalz
7
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Chardonnay Mineral Leistadt Ortswein 2023

95–96+
/100

Lobenberg: Leistadt ist eines der spannendsten Terroirs der Pfalz – wild, karg, hochgelegen, kühl und doch voller innerer Kraft. Mit dem 2023er wird aus dem früheren »Mineral« nun ein klar definierter Ortswein, der diese Herkunft erstmals ganz gezielt in den Vordergrund stellt. Karsten verlegt immer mehr Rebfläche hier hin, da es seiner Meinung nach ein Ort mit super viel Potenzial ist. Die Rings-Brüder haben das mit ihrem Wein aus dem Kalkofen auch schon vorgemacht. Die Reben wachsen auf Terrassenlagen am Waldrand, umgeben von alten Bäumen, durchlüftet von kühlen Fallwinden – fast eine Art Pfälzer Hochlage, die in ihrer strukturellen Frische an die Côte d’Or erinnert. Vergoren und ausgebaut wird ausschließlich in Barriques, rund 30 Prozent davon neu. Doch das Holz bleibt völlig im Hintergrund, dient nur der Struktur und dem feinen Schmelz. Schon die Nase ist bemerkenswert klar und kühl gezeichnet: Zitronenabrieb, milde Limette, knackiger grüner Apfel, weiße Birne. Dazu kommt diese typische steinige Note, Graphit, Feuerstein, ein Hauch gerösteter Haselnuss. Stilistisch erinnert das eher an Saint-Aubin oder auch einen mineralischeren Meursault mit wenig BSA – sehr präzise, sehr fokussiert, nie weich, nie opulent. Am Gaumen zeigt sich der Chardonnay dann mit verblüffender Spannung und Tiefe. Diese kühle Aromatik, fast schon kristallin in ihrer Klarheit, trifft auf einen feinen, saftigen Kern, der für eine großartige Balance sorgt. Der Wein spielt gekonnt mit den Kontrasten von Frische und Substanz, besitzt eine vibrierende Säure, die ihm Zug verleiht, aber auch eine kreidige Textur und einen zarten Schmelz, der sich erst im Nachhall richtig entfaltet. Dabei bleibt alles extrem präzise und fein gearbeitet, nichts wirkt breit oder vordergründig. Die dunkle Mineralität zieht sich durch das gesamte Aromenspektrum, verleiht Tiefe und Ernsthaftigkeit. Das ist Chardonnay in fast burgundischer Lesart – aber eben mit dem feinen Pfälzer Twist: ein Hauch mehr Saft, ein wenig mehr innerer Druck. Dieser Leistadter Chardonnay ist Ausdruck eines Terroirs, das lange unterschätzt wurde und jetzt langsam beginnt, seine ganze Klasse zu zeigen. Karsten Peter stellt mit dieser Abfüllung nicht nur eine neue, hochspannende Ortswein-Linie auf die Beine – er legt damit auch den Finger auf eines der großen weißen Zukunftsthemen der Pfalz. Großartig!

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Verkostungsnotiz
94
/100

Suckling zu 2022 über: Chardonnay Mineral Leistadt Ortswein

-- Suckling zu 2022: A very serious German chardonnay that will delight fans of Burgundian wines. Fantastic interplay of candied citrus and dried pear fruit with a wide spectrum of leesy aromas and delicate toasty oak. Excellent structure and still so fresh, this will really benefit from more bottle age. From young vines that are the winemaker’s own massale selection. Fermented and matured entirely in small oak cooperage. From organically grown grapes. Vegan. Drink or hold.

Mein Winzer

Karsten Peter

Karsten Peter ist ein Wandler zwischen den Welten, sein steter Begleiter ist dabei der Riesling – aber eben nicht nur! Als Mastermind hinter den Weinen von Gut Hermannsberg hat er den Kultbetrieb wieder zu alter Größe geführt, nun startet er zusätzlich auf seinem Familienweingut in der Pfalz durch.

Chardonnay Mineral Leistadt Ortswein 2023