Weedenborn: Chardonnay Westhofen 2022
100
- 2
- Chardonnay 100%
- 5
- weiß, trocken
- 12,5% Vol.
- Trinkreife: 2024–2032
- Verpackt in: 6er
- 9
- voll & rund
- 3
- Lobenberg: 94/100
- Suckling: 93/100
- Falstaff: 91/100
- 6
- Deutschland, Rheinhessen
- 7
- Allergene: Sulfite,
Abfüllerinformation
Abfüller / Importeur: Weingut Weedenborn, Familien Mattern & Roll, Am Römer 4-6, D-55234 Monzernheim
Chardonnay Westhofen 2022
/100
Lobenberg: Mindestens zur Hälfte Ganztraubenabpressung, die andere Hälfte bekommt eine kurze Maischestandzeit von ein paar Stunden. Vergärung und Ausbau im großen 1.600-Liter Holzfass von Stockinger. Teilweise spontane Malo. Auch dieser Wein kommt wie der Weißburgunder oder der Sauvignon Blanc Terra Rossa ein Jahr später auf den Markt, das bekommt ihnen ausgesprochen gut. Der Westhofener steht auf den Ausläufern des Terra Rossa-Bodens, ist nicht mehr ganz so eisengeprägt, sondern deutlich mehr kalkig. Das sind die ältesten Chardonnay-Reben von Weedenborn, Anfang der 1990er Jahre direkt mit Zulassung gepflanzt. Das ist Gesine Rolls Lieblingsweinberg, weil er immer so entspannt ist und grundsätzlich eine ganz harmonische Traubenreife entwickelt. Bei Weedenborn immer tendenziell eher früh gelesen, möglichst knackig und mit hoher Frische reingeholt. Ein Teil der Trauben wird als Ganztraube direkt gepresst, wie im Burgund und im 500 Liter Tonneaux vergoren und ausgebaut. Der Rest bekommt eine kurze Maischestandzeit vor dem Pressen. Jahrgang 2022 war für die Burgunder ein super Jahr in Deutschland, weil der heiß-trockene Sommer fast burgundisch anmutete und absolut gesunde Trauben hervorgebracht hat. Das war 2023 schon deutlich schwieriger. Hier im 2022er aber die totale Reife in saftiger gelber Frucht, Orangenöl, Grapefruit, Reneclaude, dicht und schmelzig, aber keinen Deut zu viel. Sehr viel Rauch, feine Karamelle, Bratapfel. Großrahmige Konzentration in der Mitte, die Orange surft nochmal durch. Der Wein hat die Größe eines burgundisch angehauchten Chardonnays und ist trotzdem sowohl preislich als auch von der Fruchtstruktur noch im feinen Bereich mit schönem Trinkfluss und früher Zugänglichkeit. Die elegante, sehr feine Handschrift von Gesine Roll gibt das Übrige hinzu. Tolle Länge, schöne Ingwer-Schärfe. Total fokussiert und knackig für deutschen Chardonnay, mit dieser schönen salzig-schlanken Pikanz. Wir sind schon gelbfruchtig und typisch Chardonnay, aber es ist eben so schön frisch und präzise gemacht, keinerlei Wucht oder Fett, nur fokussierter Druck. Sehr versammelt und strukturiert. Ich bin erstaunt, wie geradeaus die Weine sind, wie sauber sie sind, und wie super spannend sie in diesem Preisbereich aufgehoben sind.
Jahrgangsbericht
All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.
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Suckling über: Chardonnay Westhofen
-- Suckling: This elegant chardonnay has flinty freshness and chalky character with discreet creaminess and a touch of butterscotch. Long finish with plenty of candied lemon. From vines planted in 1992. Fermented and matured in large neutral oak. Drink or hold. Screw cap. 93/100
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Falstaff über: Chardonnay Westhofen
-- Falstaff: Feinduftiger Golden-Delicous-Apfel, Nashibirne, leichte Wiesenkräuter und etwas Steinobst. Schon steinig in der Nase. Am Gaumen dann burgundisch, reduziert und harmonisch. Feine Raucharomen geben zusätzliche Kraft und die trockene Steinmineralik macht ihn lange anhaltend. 91/100
Weingut Weedenborn
Oberhalb von Westhofen, auf einer der höchsten Erhebungen Rheinhessens, liegt der Ort Monzernheim, dazwischen die berühmten Lagen Morstein, Benn und Kirchspiel. Mitten in diesem kleinen Örtchen liegt das Familien-Weingut Weedenborn, das von Gesine Roll geführt wird.