Lobenberg: Guidalberto ist seit 2000 der Zweitwein zum Sassicaia, aber erst seit 2018 eine echte und eigenständige Marke, weil die Weine überwiegend aus speziellen, nur für Guidalberto reservierten Rebbergen stammen und weil die Qualität in jedem Jahr stimmt. Das kann man sich nun vorstellen wie Chateau Latour (daher stammen Sassicaias erste Reben) und Les Forts de Latour. Verführung mit einem klassischen Toskana IGT. Der Guidalberto tauchte erst in den 1990er Jahren auf, weil alle Nachbarn der Tenuta San Guido früher trinkbare Weine zu einem kleineren Preis anbieten konnten. Guidalberto war der ursprüngliche Besitzer des Landes auf dem heute die Tenuta San Guido steht und der erste der 1820 Zypressen an den Straßenrändern in Bolgheri pflanzte. 15 bis 18 Monate in Barriques ausgebaut, davon sind sieben Prozent aus amerikanischem Holz, der Rest aus französischem. Ein Drittel der Fässer ist neu, und der Rest Zweit- und Drittbelegung. Bevor er auf den Markt kommt, bekommt er immer noch einige Monate Flaschenlager. Der Wein könnte die Bolgheri DOC Appellation auf dem Etikett haben, trägt aber nach Wahl des Weinguts die Toscana IGT. Tiefes, brillantes Violett. Schon an der Nase verlockend körperreich und rund. Cassis, Brombeeren und saftig reife Pflaumen. Viel Würze, Vanille, Pfeffer, etwas Rauch und Kerzenwachs, Lakritze und ein Hauch frische Sägespäne, Tabak und grüne Paprika. Die Komplexität und Schichten der Aromen erinnern fast ein wenig an Weihrauch, das ist ein beinahe schon mystischer Duft. Im Mund vibriert die grandiose Frische des Jahrgangs und geht über in Zedernholz mit feiner Würze, etwas schwarzer Pfeffer. Das Holz ist präsent, aber harmonisch integriert. Die Tannine sind fein und reif, von fast kalkiger Struktur und knackiger Frische. Der Guidalberto ist DER charmante Versöhnungswein für alle Toscana-Cabernet-Skeptiker, mit Wärme und süßer opulenter Wollust dazu, aber durchaus ein maskulines Rückgrat. Ein Wein mit Klasse und einem großartigen Preis-Qualitäts-Verhältnis. Unique und ein stand-alone!
Der Jahrgang 2023 stellte sich in Bolgheri zum Teil als echte Herausforderung dar. Der Winter 2022/ 2023 war relativ mild mit leicht überdurchschnittlichen Temperaturen und Niederschlägen. Dadurch trieben die Reben im ebenfalls regenreichen Frühjahr frühzeitig aus. Während des Frühlings wurden zum einen die Wasserreserven der Weinberge aufgefüllt, aber zum anderen bedeutete die Feuchtigkeit auch, dass viel präzise Handarbeit und Pflege der Reben, wie beispielsweise Entblättern, nötig war. Der Sommer war mit regelmäßigen Temperaturen um die 35°C relativ heiß, jedoch gab es keine Hitze-Spitzen. Kombiniert mit den großzügigen Wasserreserven des Frühlings, konnten die Trauben daher langsam und gleichmäßig reifen und eine hervorragende geschmackliche Konzentration erreichen. Ende August sorgten Regenfälle gemeinsam mit den kühlen Nächten im September zu einer bemerkenswerten aromatischen Komplexität, zudem wurde die ausgleichende Säure der Trauben bewahrt, welche die Harmonie bei phenolischer Reife bewahrte. Das Resultat ist ein früher zugänglicher, opulenter Bolgheri-Jahrgang mit wunderbarer, tiefer Konzentration, harmonischer Frische und schöner Eleganz. Die besten Weine haben zugleich durchaus ein bedeutendes Reifepotenzial.