Lobenberg: Dieser Ortswein aus Maikammer ersetzt quasi den Chardonnay Pure. Es ist ein logischer, weiterer Schritt in Richtung Terroirfokus, den die Seckinger-Brüder damit gehen. Der Wein stammt aus den Lagen Kapellenberg und Paradies. Paradies wird es als Lagenwein erst in ein paar Jahren geben, noch sind die Reben zu jung und kommen deshalb in diesen Ortswein. Genetik aus dem Burgund, der Champagne und aus dem Jura. Nach der Lese direkt gepresst und dann inklusive »Dreck und Speck«, also ohne Vorklärung, ins gebrauchte Barrique und Tonneau gegeben. Zweit- und Drittbelegung. Unfiltriert und mit dezenter Schwefelgabe abgefüllt. In der Nase zeigt der Ortswein schon eine ungeheure, reduktive Spannung! Grandioser Mix aus rauchigen Gesteinsnoten, Wiesenkräutern- und Blüten, reifem Zitronenabrieb und einem Touch Marille. Karg, präzise und fokussiert, im Kern aber leicht gelbfleischig. Quitte, etwas gedörrte Mandarine. Stilistisch ist das nah am Breisgau von Julian Huber oder am Kalk & Stein von Rings. Im Mund dann zupackend und straff mit präsenter, aber reifer Säurestruktur. Fein texturiert mit zarten Gerbstoffen, dazu wieder herb-saftige Frucht. Hier ist schon ordentlich Druck hinter! In Salz gewendete Zitrusfrüchte, etwas Bitterorange, ganz reife Limette. Ein Band aus kalkiger Mineralität durchzieht den Wein und legt sich auf die Zunge. Feine Vibration, sanfter Druck, wirkt total animierend. Fantastische Länge mit salinem Nachhall. Ein sehr eigenständiger Chardonnay, irgendwo zwischen großartigen Village aus Deutschland a la Huber oder Keller, andererseits auch Parallelen zu naturbelassen Chardonnays aus dem Burgund oder Jura zeigend. Wirklich klasse!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!