Lobenberg: Es wird aus der beste Parzellen im Herzstück der Monopollage des Schlosses gewonnen, die Reben stehen mittig im Hang im besten westlichen Teil der Lage. Der Johannisberg ist ohne Zweifel eine der herausragenden Lagen des Rheingaus auf Quarzit, Löss und Lehm, sehr stark eisenhaltig. Schloss Johannisberg hat in den letzten Jahren eine wahre Qualitätsoffensive gestartet, die Weine sind gut wie nie zuvor. Der Goldlack wird als Spitze und Aushängeschild des Portfolios über den Place de Bordeaux weltweit vertrieben. Die Gärung und der 36 monatige Ausbau erfolgen für diesen Wein zum größten Teil in den traditionellen 1.200 Liter fassenden Fuderfässern des Weinguts und zu einem kleinen Teil im Barrique. Nach dem ersten Jahr zieht der Wein in den tieferen Teil des Kellers um, wo er bei 10 Grad Celsius reift, also extrem niedrigen Temperaturen. Die Stückfässer sind aus Johannisberger Eichen, aus dem eigenen Wald, von der Küferei Hösch gefertigt. In einem guten Jahr gibt es vier bis sechs Stückfässer, daraus werden in der Endselektion aber nur die ein bis zwei Allerbesten genommen. Eine typische Oldschool-Rheingau-Nase mit dichter, saftiger, eleganter, schmelziger Zitruszestenfrucht, darüber die oxidative Würze des sehr speziellen Ausbaus, schwarzer Sesam, grüne Walnuss, schwarzer Tee, Bienenwachs. Das ist ein immenser Riesling, wahnsinnig konzentriert und zugleich so frisch, dass sich die Zunge rollt. Gerbstoff und Salz prasseln auf die Zunge ein, sehr intensiv, zupackend, mit viel Grip. Das ist nicht nur sehr außergewöhnlich, sondern wirklich elektrisierend im Mund. Ein mehr als mutiger Wein für ein so traditionelles und großes Haus wie Schloss Johannisberg, das ist fast schon Freakstoff, aber in richtig, richtig gut. Riesling-Weltklasse aus dem Rheingau.
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.