Lobenberg: Biologische Weinbergsarbeit, top gesundes Lesegut. Die Reben sind rund 50 Jahre alt, immer wieder kommt mal ein älteres Stückchen Weinberg dazu, weil andere Winzer die kargen und steilen Stücke eher aufgeben. Aber Team Rudolf May ist bestens aufgestellt und freut sich über die schwierig zu bewirtschafteten Parzellen, weil sie grandiose Weine ergeben. Der Wein wird komplett im großen Holz, Stück- und Doppelstückfässer, ausgebaut, liegt bis in den Sommer auf der vollen Hefe im Fass. Reine Spontangärung, auch Malo durchlaufen, sehr niedrig geschwefelt. Durch den harten Frühjahrsfrost und die Peronospora hat der Öko-Betrieb May rund die Hälfte der Ernte verloren. Der Sommer war regenreich und eher kühler, somit waren die Mostgewichte sehr moderat, die Weine haben eine feine Frische, durch die niedrigen Erträge aber auch immense Dichte. Eine köstliche Nase mit viel cremiger, heller Frucht, gelber und weißer Pfirsich, Curry, Mandarine. Wow, das hat schon Stoff in der Mitte, fast leicht ölig, mit grüner Olive, auch Olivenpaste, Quittenschale. Schicke Holzunterlegung, in Tateinheit mit der Hefewürze bekommt der Wein diese May-typische, cremig-dichte Struktur, die die Weine so angenehm trinkbar macht. Der Langenberg Erstes Gewächs ist wahrscheinlich Mays typischster Wein, seine perfekte Visitenkarten für diesen wunderbar schmelzenden Stil. Dazu diese besondere Würze von der Spontangärung im Holz, das ist schon spannend auf der einen Seite, zugleich auch immer sehr köstlich.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!