Philipp Kuhn: Chardonnay Reserve (Kapellenberg) 2023

Philipp Kuhn: Chardonnay Reserve (Kapellenberg) 2023

VDP

Zum Winzer

95+
100
2
Chardonnay 100%
5
weiß, trocken
13,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2039
Verpackt in: 6er
9
voll & rund
mineralisch
3
Lobenberg: 95+/100
Falstaff zu 2022: 96/100
6
Deutschland, Pfalz
7
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Chardonnay Reserve (Kapellenberg) 2023

95+
/100

Lobenberg: Philipp Kuhns Chardonnay Réserve ist ein Musterbeispiel für Pfälzer Chardonnay. Er zeigt, wie kraftvolle Struktur und kalksteinige Präzision zusammenfinden können. Die Reben stehen in der Ersten Lage Laumersheimer Kapellenberg, 1993 gepflanzt – also mittlerweile über 30 Jahre alt. Gewachsen auf tiefgründigem Kalkmergel, der diesem Wein seine innere Spannung, seine salzige Ader und seinen messerscharfen Zug verleiht. Vergoren und ausgebaut im Barrique – ein Drittel neu, ein Drittel gebraucht, ein Drittel alt – komplett durchgegoren, knochentrocken. Der Wein bleibt bis kurz vor der nächsten Lese im Fass, die Vollhefelagerung ist integraler Bestandteil des Konzepts. Während der Gärung wird nur vereinzelt bâtonniert, gerade genug, um die Textur zu stützen, nicht um sie zu verwischen. In der Nase ein intensives Zusammenspiel aus gelber Frucht von Aprikose, etwas Zitrusschale, Rauchigkeit, kühler Melone und grünem Speck. Kein opulenter Chardonnay-Stil, sondern ein straffer, gedrungener Ausdruck mit Tiefgang. Die Barriques sind da, aber immer als Strukturgeber, nie als Aromenspender im Vordergrund. Statt Butter und Vanille, haben wir hier viel mehr Feuerstein, getrocknete Kräuter und diese leicht nussige Würze. Am Gaumen zeigt sich das Rückgrat des Kapellenbergs: hoher mineralischer Druck, eine fast phenolische Griffigkeit im hinteren Drittel, die dem Wein Länge und Ernsthaftigkeit gibt. Die Salzigkeit im Finale ist markant, fast karg – das ist kein Publikumsliebling im klassischen Sinn, sondern ein Wein mit Ecken, Struktur und Haltung. Und gerade deshalb so faszinierend. Trotz des Volumens bleibt der 2023er komplett in der Spur. Nichts wirkt fett oder überladen – das ist eleganter Kraftchardonnay, mit burgundischem Anspruch, aber klarer Herkunft. Der 2023er zeigt sich jetzt schon sehr schlüssig, braucht Luft und Geduld – hat aber das Potenzial für viele Jahre Flaschenreife. Wieder mal stark!

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Verkostungsnotiz
96
/100

Falstaff zu 2022 über: Chardonnay Reserve (Kapellenberg)

-- Falstaff zu 2022: Feine Röstnoten und vielschichtig im Duft, Mango, Apfelschale, Salzzitrone, Zimtrinde, Kardamom, Orangenblüte. Am Gaumen konzentriert und dicht, mineralisch, cremiger Schmelz, frische, eng anliegende Säure, guter Extrakt, lange am Gaumen und mit viel Potenzial.

Mein Winzer

Philipp Kuhn

100 % handgemacht – das ist der Leitspruch von Philipp Kuhn. Die Arbeit von Philipp beruht nur auf Erfahrung und dem richtigen Gefühl. Und beides besitzt er reichlich.

Chardonnay Reserve (Kapellenberg) 2023