
Markus Molitor: Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** Weiße Kapsel 2022
100
- Riesling 100%
- weiß, trocken
- 12,0% Vol.
- Trinkreife: 2027–2052
- frische Säure
- mineralisch
- exotisch & aromatisch
- Lobenberg: 97–98+/100
- Suckling: 97/100
- Parker: 97/100
- Deutschland, Mosel Saar Ruwer
- Allergene: Sulfite,
Abfüller / Importeur: Markus Molitor, Haus Klosterberg, 54470 Bernkastel-Wehlen, DEUTSCHLAND

Heiner Lobenberg über:
Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** Weiße Kapsel 2022
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Lobenberg: Im Würzgarten haben wir Einzelpfahlerziehung, uralte Reben. Eine ganz fantastische Lage mit überwiegend wurzelechten Stöcken. Neben dem Erdener Prälat stehend, auf einem roten Verwitterungsschiefer mit hohen Eisenanteilen, extrem steil, teilweise terrassiert. Sicherlich eine der ausdrucksstärksten Lagen der Mosel überhaupt. Der Ürziger Würzgarten Kabinett trocken war in den letzten drei Jahren immer einer der besten trockenen Kabinette, den ich an der Mosel probiert habe, rien ne vas plus. Auch 2022 ist das wieder so. Diese Lage kann in den trockenen und heißen Jahren brillieren wie in den kühlen, das ist schon sehr erstaunlich. Und für den an der Mosel sogar eher schlankeren Jahrgang 2022 wird man fast überwältigt von der Monster-Auslese*** aus dieser Lage. Was für eine gigantische Konzentration für dieses Jahr, unglaublich reich, dicht, würzig-gelbfruchtig mit Ananas, Schlehe, Bergwiesenheu, getrockneten Zitronen, Meersalz und kandiertem Ingwer. Multikomplex, man kann sich schon in der Nase verlieren, ob dieser Vielschichtigkeit. Sensationeller Frucht-Mineralausdruck, der sich zu einem Laserstrahl kanalisiert, dass es nur so kracht. Reicher Weinbergspfirsich, dazu in Zucker gewälzte Limetten, süße Grapefruit, Bitterorangen und Mandarine. Reich, dicht und schiefrig. Sooo archetypisch Würzgarten, aber eben mit einem gewaltigen Druck. Man wird aus der Kurve getragen und doch ist es auch ein unglaublich geschliffener Wein. Schon in der Nase leicht salzig und vor allem würzig – dem Namen alle Ehre erweisend. Im Mund ein Ereignis. Da stockt der Atem, die Augen ziehen sich zusammen, so intensiv im Schiefer! Das ist wirklich das trockene Kabinett mit einem reichen Turbo darunter. Mehr Fett, ganz klar, aber auch eine noch höhere Intensität. Nicht feiner oder verspielter, deshalb bleibt das Kabinett eine Singularität. Hier haben wir reichen Schub darunter. Vielschichtig, süß und trotzdem spannend, aufregend und trotzdem unanstrengend. Das ist die Quadratur des Kreises von 2022. Für mich eine ganz große trockene Auslese. Riesenstoff!
Jahrgangsbericht
All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

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Suckling über: Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** Weiße Kapsel
-- Suckling: Intensely spicy nose, but in a wonderfully delicate way. Great concentration, vitality and finesse. Fascinating notes of persimmon and fresh papaya with a touch of Thai basil. Stunning interplay of smoky minerality and very fine fruit. Drink or hold. 97/100

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Parker über: Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** Weiße Kapsel
-- Parker: The 2022 Riesling Ürziger Würzgarten Auslese *** (White Capsule) is very clear, intense and warm on the concentrated yet refined and saline nose that reveals a hint of noble oak and, with more aeration, fresh lemon juice. Full-bodied, intense and powerful on the palate, this is a tightly structured Riesling with a long, dense and still youthful finish that is full of energy and mineral tension. If you like to gain finesse and reduce sheer power, drink this dry Auslese from a big Burgundy glass, even if it looks a little weird. 12% stated alcohol. Natural cork. Tasted at the domaine in August 2024 from AP 63 23.
Markus Molitor
Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.
