Markus Molitor: Chardonnay Wehlener Klosterberg *** Selektion Schalenkontakt 2022
100
- Chardonnay 100%
- weiß, trocken
- 13,0% Vol.
- Trinkreife: 2027–2042
- mineralisch
- frische Säure
- voll & rund
- Lobenberg: 98+/100
- Deutschland, Mosel Saar Ruwer
- Allergene: Sulfite,
Abfüller / Importeur:
Markus Molitor, Haus Klosterberg, 54470 Bernkastel-Wehlen, DEUTSCHLANDZutaten:
Konservierungsstoffe / Antioxidantien: Sulfite (E220–E224)100ml enthalten durchschnittlich Brennwert 77 kcal / 319 kJ Kohlenhydrate 1,2 g Zucker 0,2 g Enthält geringfügige Mengen von Fett, Fettsäuren, Eiweiß, Salz
Heiner Lobenberg über:
Chardonnay Wehlener Klosterberg *** Selektion Schalenkontakt 2022
/100
Lobenberg: Markus Molitor nur auf Riesling zu reduzieren, wäre ein fataler Fehler. Bereits 1997 hat er in seiner Paradelage Klosterberg die ersten Chardonnay-Reben gepflanzt. Seine Kollegen haben ihn damals für diese Aktion belächelt, heute ist Markus aber der vielleicht einzige Moselwinzer mit einem solch alten Rebbestand Chardonnay. Die Reben stehen in direkter Nachbarschaft zum Weingut auf kargem, sehr steinigem Schiefer mit einem hohen Eisenanteil. Ausgangsmaterial für die 3-Stern-Selektion sind nur die allerbesten, perfektesten Trauben. Markus ist eben ein echter Qualitätsfanatiker, deshalb gibt es auch so viele verschiedene Qualitätsstufen innerhalb seines Sortiments. Es gibt neben diesem Chardonnay auch einen Pinot Blanc (Weißburgunder), beide limitiert auf noch nicht einmal je 600 Flaschen. Umso mehr freue ich mich, Ihnen diese genialen Raritäten als exklusiver Vertriebspartner anbieten zu können! Nach der Lese werden die vollreifen Trauben im Keller leicht angequetscht und für mehrere Stunden auf den Beerenschalen mazeriert. Das löst einerseits die ganzen wertvollen Aromastoffe, die in den Schalen stecken und sorgt zudem für mehr Grip und Textur am Gaumen. Anschließend wurde er für mehrere Monate auf der Hefe im Barrique ausgebaut. Im Vergleich zum Pinot Blanc, ist die Nase des Chardonnay noch einmal deutlich dichter verwoben, ernster und weniger fruchtig, fast etwas mystisch von nobler Reduktion und feiner Rauchigkeit geprägt. Das ist ein sehr eleganter Wein, er liegt stilistisch irgendwo bei Chassagne-Montrachet mit einem Touch mehr Frucht. Wir haben Litschi, gerösteten Sesam, Zitronenabrieb, Mandelmus und feinste Tahiti-Vanille, auch etwas eleganten, duftigen Blütenhonig darüber. Im Mund setzt die tiefschürfende Salzigkeit einen Gegenpol zur aromatischen Nase, da wird es richtig straff, kühl und steinig. Aufgelöste Muschelschalen, Austernwasser, weißer und gelber Pfirsich mit einem Hauch von Grapefruit. Sehr dynamisch und agil, kraftvoll, aber null fett. Wird hintenraus immer feiner und salziger und schlanker, Wahnsinn. Mosel-Chardonnay at it’s best und sicher auch einer der komplexesten Deutschlands. Qualitativ ist das auf einem Level mit dem großartigen Pinot Blanc, der vielleicht eine Spur charmanter daherkommt. Der Chardonnay ist der mineralischere, dichtere Vertreter und für mich deshalb minimal höher bewertet. Ich konnte mich aber zwischen diesen beiden Ausnahme-Burgundern einfach nicht entscheiden, weshalb ich Ihnen nun – nicht ganz ohne Stolz – beide Exemplare anbieten kann. Groß sind sie beide allemal!
Jahrgangsbericht
All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.
Markus Molitor
Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.