Karl Haidle: Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs 2021

Karl Haidle: Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs 2021

BIO

VDP

Zum Winzer

Riesling 100%
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2042
mineralisch
frische Säure
Lobenberg: 96–97/100
Vinum: 96/100
Falstaff: 95/100
Deutschland, Württemberg
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs 2021

96–97
/100

Lobenberg: Der Pulvermächer ist eine der ältesten Lagen der Region und wohl mit die beste für Riesling. Von rund 50 Jahren alten Reben unterhalb der Y-Burg, dem absoluten Kernstück der Lage. Die Terrassen unterhalb der Burg fangen die Wärme bestmöglich auf in dieser ansonsten nicht übermäßig heißen Steillage auf weit über 300 Metern NN. Rötliche, sehr karge Kieselsandsteinböden mit hohem Eisenanteil zwingen die Wurzeln tief in den Boden. Wenn 2020 noch etwas dichter, gelbfruchtiger war, haben wir mit 2021 jetzt ein ganz anderes, athletischer definiertes und puristischeres GG. Spontan vergoren und ausgebaut im großen, gebrauchten Holzfass. Langes Hefelager und Late Release erst im zweiten Jahr nach der Ernte. Haidles Pulvermächer glänzt mit einer fruchtreduzierten Nase. Nasser Kalkstein, Zitronen- und Limettenschalen, Calamansi, etwas Grapefruit und grüner Apfel. Steinobst haben wir hier auch, aber eher unreiferes, nicht zu gelb. Im Mund kracht dann die Stettener Säurespur und zwar gehörig, es rasselt und vibriert auf der Zunge, leicht salzig, strammer Zug, sehr definiert. Warme Zitrusfrucht kämpft mit salzigem Zug um die Vorherrschaft im Mund. Saftig, vibrierend und doch mit Nachdruck anschiebend. Kein bisschen Fett an den Seiten, läuft nur geradeaus. Obwohl die Säure bei Moritz Haidle immer ein stilprägendes Element stellt, ist sie hier gut von der schlanken Konzentration abgepuffert. Neben all der mineralischen Präzision ist der Wein auch wunderbar saftig, könnte fast in der Nordpfalz gewachsen sein. Ein sehr schickes GG aus Stetten, toll! 96-97/100

Jahrgangsbericht

Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.

96
/100

Vinum über: Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs

-- Vinum: Goldgelb. Deutliche Noten von Panna Cotta, grünen Mandeln, Croissant, weiße Blüten, eingelegte Ananas, gegrillte Honigmelone. Mit Luft gewinnen die getoasteten und gerösteten Noten die Oberhand. Am Gaumen sehr cremig, smooth. Süßlicher Extrakt und Salzkaramell in perfekter Harmonie mit zugkräftiger Säure, schmilzt lange bis zum Ende. Großer Weißwein mit noch großem Potential.

95
/100

Falstaff über: Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs

-- Falstaff: Der Pulvermächer wirkt sehr pur in seinem Nasenbild, mineralisch fokussiert, nicht abgelenkt von Primärfuchtaromen. Am Gaumen mit Stoffigkeit und Dichte, die Säure im Zaum, gelbe Töne nach Ingwer, Senfmehl, gar Safran scheinen hervor. Beginnende Eleganz. 95/100

Mein Winzer

Karl Haidle

Moritz Haidle – Hip-Hoper, Graffitisprayer und Biodyn-Winzer im Remstal. Passt das zusammen? Und wie! Der Jungwinzer bringt gewaltig viel frischen Wind in die teils etwas angestaubte württembergische Weinlandschaft.

Riesling Stettener Pulvermächer Großes Gewächs 2021