Lobenberg: Gunderlochs Top-Lage Nackenheimer Rothenberg, die direkt an das Weingut angrenzt, quasi die Hauslage ist und fast eine Monopol-Lage. Es gibt bei Gunderloch keine klassische Maischestandzeit mehr, sondern die Zugabe von per Hand entrappten, einzelnen, ganzen Beeren in der Vergärung. Das gibt auch Struktur, aber eben etwas feiner. Gunderlochs GGs brauchen ohnehin Zeit, sich zu entfalten und die große Struktur der Lagen am Roten Hang etwas zu glätten. Sanft abgepresst und ohne Vorklärung in die Stückfässer gegeben und spontan vergoren. Komplett durchgegoren, knochentrocken. Die Nase ist hochverdichtet und sehr engmaschig verwoben. Gunderloch hatte keine nennenswerten Frostschäden in 2024 und konnte eine fast normale Ernte einfahren. Die besten 2024er GGs haben mich in fast jeder Region begeistert, weil es ein kühlerer Jahrgang ist, der aber voll ausgereift war und weniger extrem wie 2021. Es ist eine schlankere und feinere Version von 2023, rassiger und mehr für Rieslingfreaks gebaut, weil es die Filigranität und Feinnervigkeit hat, die wir alle so lieben. Wir sind im Grunde bei einer Harmonie wie 2016 mit mehr Säurefrische, oder einem harmonischeren 2008. Was will man mehr?! Der Rotenberg ist das nördlichste Stück des Roten Hangs, zieht sich bis in die Gemeinde Nackenheim hinein. Die Lage hat einen wilden, urwüchsigen Charakter. Auch Caroline Spanier macht hier einen der besten Weine Rheinhessens mit ihrem Rothenberg wurzelecht. Es ist so eine Art Zwilling des benachbarten Pettenthal, aber er ist noch karger, noch extremer, es ist fast pures Gestein. Und so riecht und schmeckt dieser Wein. Die Trauben im Rothenberg waren perfekt, kerngesund, voll ausgereift. Er hat eine zarte Reduktion in der Nase, aber nichts Extremes. Am Roten Hang hat es einfach genau gepasst in 2024. In vielen Jahren ist es dort zu trocken, weil es so karg ist, das war im regenreicheren 2024 kein Thema, und auch die Hitze hielt sich in Grenzen. Ein ziemlich perfektes Jahr für den Roten Hang. Diese Balance und Energie haben wir schon im Pettenthal gehabt, und der Rothenberg reißt mich noch mehr mit. Er hat die typischen, mediterranen Anklänge von frischem grünen Olivenöl, Rosmarin und ätherischer Bergamotte. Dann folgt ein atemberaubender Mund, der wilde Steinigkeit mit großer Eleganz verbindet. Ich kann mich kaum erinnern, dass die Weine vom Roten Hang so balanciert und frisch waren.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!