Lobenberg: Pichon Lalande liegt auf einer zwei bis fünf Meter dicken Schicht aus Kies, teils mit Sand durchmischt. Darunter befindet sich komplett Lehm. Die Böden sind also ideal geeignet für die mediterranen Jahre ab 2015, weil es immer ausreichend Wasserversorgung gibt. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings keinen einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Zumal Mitte August circa 80 Millimeter Regen fielen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Der Reserve de la Comtesse ist ein klassischer Zweitwein. Es gibt also keine bestimmten Plots im Weinberg, es handelt sich um eine Abstufung des Erstweins. Die Reserve macht 40 Prozent der Gesamtmenge aus, 60 Prozent entfallen auf den Erstwein. Die Cuvée der Reserve ist etwas stärker Merlot-lastig als die des Erstweins: 47 Prozent Merlot, 43 Prozent Cabernet Sauvignon und 10 Prozent Petit Verdot. In der Nase ist der hohe Merlot-Anteil eindeutig spürbar. Komplett auf schwarze Kirsche laufend, mit einem leichten Cassis-Touch dahinter und sehr reifer Zwetschge, bis hin zu Backpflaume. Reif, reich, üppig und schwarz, wie eine massive Duftwolke. Sehr weich. Auch im Mund schwarze Frucht, wieder die schwarze Kirsche ganz vorne. Dahinter Cassis und reife Backpflaume. Würzige schwarze, dunkle Erde und etwas Bitterschokolade. Ein bisschen mehr Tannin als 2019. Insgesamt im Médoc zusammen mit 2018 der höchste Tannin-Level in der Geschichte. Hier in der Réserve de la Comtesse beträgt der Wert 77 ipp. Der pH-Wert liegt bei 3,82. Die Säure ist lebendig, aber gleichzeitig scheint es als würde der Wein dominiert werden von dieser sehr reichen, weichen, samtigen Frucht. So delikat, so hedonistisch. Und trotzdem hat er hintenraus einen guten Grip. Es endet in einem Finale aus Kalkstein, Salz und einer wunderschönen Fruchtsüße. Toller Grip. Ein echtes hedonistisches Leckerli. 95-96/100