Lobenberg: Dieses winzige Château von unter einem Hektar gehört Sophie Martin und Romain Carreau, die beide auch die Winemaker und Önologen sind. Die 0,62 Hektar liegen direkt neben dem Château Lynch Bages im Ort Bages auf Kies, also in bester Lage von Pauillac. Es ist mir ein großes Rätsel, wie Sophie und Romain so lange den Avancen der verschiedenen umliegenden Top-Château widerstehen konnten und dieses Kleinod nicht verkauft haben. Die Cépage des Weinguts setzt sich zusammen aus 80 Prozent Merlot und 20 Prozent Cabernet Sauvignon. 2019, wie auch schon 2018, ist mit 13,5 Volumenprozent von Frische geküsst. Die jüngsten mediterranen Jahre, 2018 und 2016, haben mich dazu bewogen, mit Château Julia zu arbeiten. Es liegt auf einem Kiesplateau, ist aber doch eher kühl im Terrroir und so grundsätzlich von wärmeren klimatischen Bedingungen begünstigt. Deshalb sind die Jahre seit 2015 ein qualitativer Durchbruch. Der warme Jahrgang 2018 war sogar eher besser als der sehr elegante Jahrgang 2016, beides aber ohne Zweifel sehr große Jahre. Und nun kommt 2019: Ein weiteres mediterranes Jahr, das aber gleichzeitig aufgrund des langen Stillstands der Reben während der Hitzeperiode eine große Frische und moderaten Alkohol gebracht hat. In der Nase Pumpernickel, Brombeere, Lakritz und Cassis. Aber nichts Süßes, sondern nur intensiv. Auch ein Hauch Wacholder dahinter. Sehr viel Veilchen, blumig, aber mit viel Druck kommend. Eine sehr typische Pauillac-Nase, stark erinnernd an Pichon Baron in dieser schwarzen Dominanz und dem maskulinen Approach. Im Mund eine Explosion. Die Assoziation zu Pichon Baron war stimmiger, denn der Nachbar Lynch Bages ist neuerdings etwas femininer. Château Julia kommt mit unglaublich viel Druck und der jahrgangstypischen Blutorange über schwarzer Frucht. Das Ganze unterlegt mit Mengen an Veilchen. Überhaupt ist der Wein floral bis zum Abwinken. Etwas Kaffee, etwas Kokos vom neuen Holz, das passt hervorragend dazu. Dann Marzipan und viel Lakritze, Holunder und schwarze Kirsche. Die Süße des Cassis weicht, es kommt ein bisschen süße rote Johannisbeere. Schwarze Olive, eine schöne Chilischärfe im Mund zeigend. Salzig-langer, blumig-schwarzer Abgang. Aber trotzdem voller Wucht, Power und Dichte, ohne jemals fett zu sein. Ein dichter, blumig-schwarzer und intensiver Pauillac, der seine Persönlichkeit gegenüber 2018 noch einmal deutlich ausgeprägt hat. Was für ein Kracher im Mund. Aber kein Kracher in fett, sondern ein Kracher in seiner Intensität, in seiner Blumigkeit und in seiner schwarzroten Frische. Krautwürze dazu. Da müssen sich einige Domaines in Pauillac in diesem Jahr warm anziehen. Wir sind hier nicht in der Liga von zweitklassifizierten Weinen oder von Pontet Canet und Lynch Bages. Aber dieser Julia erreicht einen Pedesclaux – und das soll eine Menge heißen. Toller Erfolg! 96-97+/100