Lobenberg: Sehr dicht und konzentriert, fast schwarz. Reife Brombeere, Cassis, dunkle Schokolade und Tabak in der Nase. Eher sogar Zigarrenschachtel – sehr duftiger Tabak mit einem Touch Holz. Läuft herb-saftig mit Holunder und Wacholder über die Zunge. Rotbeerigkeit trifft Würze, mit viel Spannung und Frische. Schiebende, aber vollkommen reife Tannine im mineralisch aufgeladenen Finale. Irgendwo zwischen Margaux und Saint Julien zu verorten, wie seit Jahren auf dem gleichen Level wie der direkte Nachbar, das Saint Julien Top-Weingut Lagrange. Komplex und sehr hintergründig, für 2021 trotz Charmes erstaunlich satt von unten kommend. Als Haut Medoc oft unterschätzt ist Belgrave seit Jahren auf dem Level der höher klassifizierten Weingüter, 2021 unterstreicht das nachdrücklich. 94-95/100 *** Das Haut-Médoc-Château liegt direkt neben Château Lagrange aus Saint-Julien. Dementsprechend eindeutig vom Terroir und der ganzen Ausprägung ein Saint-Julien-Wein. Seit mehr als 10 Jahren wird kräftig in die Weinberge investiert. Das Château gehört zum Négociant CVBG, einem der vier größten Négociants des Bordelais. Somit gehört es auch zum Imperium der Champagner-Familie Thienot. Château Belgrave hat 54 Hektar an Weinbergen in Produktion. In den letzten Jahren wurde hier so massiv in die Anpflanzung der Weinberge investiert. Inzwischen stehen hier 10.000 Stöcke pro Hektar. Der Ertrag liegt dementsprechend oft klar unter einem Kilo, oft eher bei 500 Gramm Trauben pro Weinstock. Eng am Stamm wachsende Träubchen, das ist das Ideal. Das Terroir hier sind Kiesböden mit Lehm, eben identisch wie bei Lagrange. Im Weinberg wird biologisch gearbeitet, aber das Weingut ist noch nicht zertifiziert. Spontane Vergärung, Ausbau in überwiegend neuen französischen Barriques. Château Belgrave ist eines der wenigen als 5eme-Cru klassifizierten Weingüter der Klassifikation von 1855. Also schon seit dieser Zeit ein erfolgreiches Château, denn die Klassifikation von 1855 richtete sich ausschließlich nach dem damals durchschnittlich erzielten Verkaufspreis. Belgrave profitiert wie viele Médoc und Haut-Médoc Weingüter vom sich erwärmenden Klima, denn hier gibt es durchaus kühle Terroirs. Die mediterrane Wärme bekommt den Weinen hier extrem gut. *** Wie in den meisten Regionen Europas lautet der Tenor auch in Bordeaux »2021 - zurück zur Klassik!«. Nach mehreren warmen Jahren in Folge kommt 2021 hier mit genialer, kühler Eleganz und niedrigen Alkoholwerten um die Ecke. Sehr schick, fein, dabei aber auch so spannungsgeladen – ein absolutes Traumjahr für Finesse-Trinker. Die Weine zeigen viel aromatischen Fruchtdruck bei wirklich reifer Tanninstruktur durch die längere Vegetationsperiode. Ein großes Aufatmen unter allen Winzern, denn das Ergebnis ist quasi die Entschädigung für die harte Arbeit im Weinberg, die die Natur von Anfang bis Ende des Jahres von allen Beteiligten abverlangt hat. Hohe Niederschläge zu Beginn des Jahres, was gleichzeitig aber auch ein Segen für die trockenen Böden war. Dann nochmal ein Temperaturtief im April, schon nach dem Austrieb. Das Bordelais hat es aber nicht ganz so hart getroffen, die Frostschäden waren hier im Mittel nicht so verheerend wie in anderen Teilen Frankreichs, deshalb sind die Erträge insgesamt doch noch zufriedenstellend. Der Merlot ist außerordentlich edel, mit bemerkenswert konzentrierter Frucht, während der Cabernet unglaublich intensiv und frisch ist, was dem Jahrgang große Eleganz verleiht. Vielleicht in einer Reihe mit 2008, 2012 und 2014 mit seinen jung schon so verführerisch zugänglichen Weinen, die aber auch noch eine lange Zukunft vor sich haben.