Lobenberg: Der Rechbächel – eine fast vergessene Perle, bis 2018 erstmals separat als Premier Cru gefüllt und seither heimlicher Star im Bürklin-Portfolio. Eine klassische Buntsandsteinlage mit Südostexposition, quasi eine Pfälzer Steillage mit leichter Hangneigung. Zwölf Jahre floss dieser Wein unauffällig in den Ortswein, heute ist er Kellermeister Nicola Libellis persönlicher Stolz – und 2024 zeigt eindrucksvoll warum. Der Jahrgang bringt kühle Länge, reife Säure und makellose Trauben. Die Nase startet mit feiner Reduktion, rauchig, kreidig, von steiniger Mineralik getragen. Darunter eine zurückhaltende gelbe Frucht, die sich nur langsam öffnet: viel Zitrone, Zitronenverbene, dazu helle Ananas, ein Hauch grünliche Mango und eine zarte Nussigkeit. Alles bleibt dunkel-mineralisch unterlegt, fast wie Feuersteinstaub, karg und doch betörend. Am Gaumen ein wahres Kraftpaket: dicht, druckvoll, enorm mineralisch und doch messerscharf geschliffen. Verflüssigter Stein, Kreide, Feuerstein, ein Hauch Bauernbrotkruste. Saftige Zitrusschale, Ananas, ein feiner Grapefruit-Bitterstoff aus festen Phenolen, der für Grip und Länge sorgt. Kräutrig-herb zieht der Wein durch, zupackend und salzig, mit stahliger, aber perfekt reifer Säurestruktur. Der Rechbächel 2024 ist dramatisch intensiv, hochkonzentriert und gnadenlos steinig. Ein Riesling mit gewaltigem Spannungsbogen, der schon jetzt klar in Richtung Grand-Cru-Niveau schielt. Wo der Böhlig kalkige Eleganz zeigt, setzt der Rechbächel auf dunkle Energie und kompromisslosen Grip – ein echtes Geschoss, das Geduld belohnt und in großen Jahren wie diesem zu den packendsten Premier Crus der Pfalz zählt.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!