Lobenberg: Die Lage Langenmorgen liegt nahe am Waldrand oberhalb von Deidesheim – eine eher kühle, windgeschützte Lage mit Kalkmergel, sandigem Ton und einem kleinen Anteil an Buntsandsteinverwitterung. Und doch bringt genau diese Kühle jedes Jahr einen verblüffenden Kontrast hervor: einen Wein mit unglaublicher Schmelzigkeit, mit Helltönigkeit, mit fast burgundischer Ausstrahlung. Immer wieder erinnert mich der Langenmorgen an einen 1er Cru Folatières aus Puligny – nur eben mit dem unverwechselbaren Charme der Pfalz. Auch 2024 zeigt das GG diese typisch deidesheimerische Freudigkeit in der Frucht, gepaart mit der Kühle und inneren Ruhe seiner Lage. Die Reben sind rund 50 Jahre alt, das Lesegut war – wie in allen Deidesheimer Lagen – auch in diesem Jahr vollkommen gesund, die Trauben perfekt balanciert zwischen Reife und Frische. Die Nase ist kristallklar und gleichzeitig charmant: Reifer weißer Pfirsich, Aprikose, kandierte Orange, unterlegt von feiner, fast kalkiger Reduktion. Alles sehr präzise, sehr klar, mit einem steinigen Fundament und einer eleganten Fruchtausprägung, die weder laut noch zurückhaltend ist. Frisch und saftig, mit enormem Fruchtdruck, ohne je in Opulenz zu kippen. Am Gaumen dann dieser für den Langenmorgen typische Eindruck von gleichzeitiger Wärme und Kühle. Alles läuft über reifes Steinobst, weiße Blüten, Orangenzeste, dazu eine helle, salzige Mineralität und eine feine Extraktsüße im Nachhall. Die Säure ist präsent, aber eingebunden – sie verleiht Struktur, keine Härte. Im Vergleich zu den Vorjahren wirkt der 2024er vielleicht etwas straffer als 2022, aber wieder etwas charmanter als 2023. Ein idealer Mittelweg: Spannung, Klarheit, Trinkfluss. Enorme Länge, großartige Balance – und dieser typische Schmelz, der dem Langenmorgen immer seine besondere Signatur verleiht. Ein großer, stiller Riesling mit Tiefe und innerer Ruhe.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!