Ein Weingut mit Seele
Das Weingut Montenidoli ist nur wenige Fahrminuten außerhalb der pittoresken Stadt San Gimignano gelegen und über ein staubiges toskanisches Sträßchen zu erreichen. Aus dieser Oase der Stille heraus kann man aus der Ferne auf das Gewimmel der vielen Touristen schauen, die die weltberühmten mittelalterlichen Türme – das Manhattan des Mittelalters – besuchen.
Für die tiefgläubige Elisabetta Faguioli ist Montenidoli seit den 1960er-Jahren ein energiegeladener Ort der Inspiration und der zeitlosen Schönheit, der ihr viel Kraft gibt. Ihr wahres Alter gibt diese beeindruckende Frau nicht preis, da sie das Weingut mittlerweile aber seit über 60 Jahren führt, kann man es erahnen. Elisabetta setzt sich mit ganzem Herzen für Frieden ein und möchte hier zum Dialog zwischen Menschen aller Länder untereinander und zwischen Mensch und Natur anregen.
Das Geheimnis der Böden von San Gimignano
Vor 5 Millionen Jahren war San Gimignano noch Meeresgrund, das erklärt die massiven Vorkommen an Fossilien und Muschelkalk, welcher Letzterer für die salzige Mineralität und die Ausdrucksstärke der Weine verantwortlich ist. Die oberen Hanglagen sind 350 Millionen Jahre alt, es ist rotes Trias-Gestein mit satten Metall- und Mineralvorkommen. Hier steht die Sangiovese.
Die Gegend wurde schon 1000 vor Christus erwähnt, die Etrusker siedelten hier, betrieben Landwirtschaft, es folgten die Römer und später die Tempelritter. Das Landgut wurde 1404 an das Hospital von Santa Fina in San Gimignano gegeben, die heutige Besitzerin Elisabetta Faguioli betreibt das Weingut seit 1965!
Eine Institution des italienischen Weinbaus
Elisabetta stammt aus einer Familie, die seit 300 Jahren Weinbau in Venetien betrieb. In ihrer Jugend war es noch gang und gäbe, dass Landbesitz traditionell an die männlichen Geschwister vererbt wurde. Sie musste also ihr Glück schon früh selbst in die Hand nehmen! Mit der finanziellen Hilfe ihrer Großmutter erstand sie ihr eigenes Weingut in San Gimignano und begann dort Wein nach ihren Vorstellungen zu machen – natürlich war alles von Anfang an reiner Bio-Weinbau, der ist heute nicht mehr wegzudenken. Die unglaublich energiegeladene Frau ist sogar heute noch im Keller zugegen und wenn es sein muss, packt sie dort noch selbst mit an! Übrigens hatte Elisabetta das Glück, von ihrer Familie gefördert zu werden. Neben Italienisch spricht sie fließend Französisch, Englisch und Deutsch. Die hochinteressante, enorm gebildete Frau liest jeden Morgen neben ihrer italienischen Tageszeitung auch den »Le Figaro«!
Ein Lebenswerk der Perfektion
Montenidoli ist ein traumhaftes Anwesen. Vom dunkelgrün gestrichenen Eingangstor des 200 Hektar großen Landbesitzes fährt man einige Minuten lang auf einer unbefestigten, steinigen Straße, die über zwei Hügel hinweg vorbei an Olivenhainen hoch zum relativ unscheinbaren Weingutsgebäude führt. Dieses wiederum ist unterhalb eines mediterranen Waldes gelegen.
Aus diesen 200 Hektar Landbesitz sind 27 Hektar mit zum Teil uralten Reben bestockt. Vernaccia di San Gimignano ist der Hauptbestandteil, dazu etwas Trebbiano, Canaiolo und natürlich Sangiovese. Sangiovese spielt insgesamt eine untergeordnete Rolle in San Gimignano, aber Elisabetta ist völlig zu Recht stolz auf ihren roten Sono Montenidoli, der es locker mit dem ein oder anderen Brunello di Montalcino aufnehmen könnte! Super Stoff, der in kleiner Stückzahl gemacht wird. Montenidoli ist ein Ort des Respekts. Respekt vor der Tradition, vor den alten Reben, dem Land und der Natur. Die Weinberge und Olivenhaine werden seit jeher im Einklang mit dem Ökosystem und natürlich ohne Chemikalien bewirtschaftet. Das Ergebnis ist eine vibrierende Lebendigkeit, die man in jedem Tropfen schmecken kann!
Doch nicht nur mit den Weißweinen verwirklichte Elisabetta ihre Vision, Weine zu schaffen, die ein authentischer Ausdruck ihrer wunderbar idyllischen Herkunft sind. Übrigens ist Elisabetta auch in der Weinwelt unglaublich gut vernetzt und tauscht sich von Bordeaux übers Burgund bis zur Welt um sie herum mit den besten Winzern und Önologen aus.
Das flüssige Gold – Olio Extra Vergine di Oliva
Neben den Reben stehen auf dem Montenidoli-Anwesen wie gesagt auch alte Olivenbäume der Sorten Moraiolo, Frantoio und Leccino. Das daraus gewonnene Olivenöl ist intensiv, fruchtig und pikant. Es wird nach traditioneller Methode gepresst und ist ein konzentrierter Ausdruck der toskanischen Sonne in Kombination mit dem mineralienreichen Boden San Gimignanos.
Montenidoli ist sicher DAS Vorzeige-Weingut für die Vernaccia di San Gimignano, denn hier entsteht aus dieser manchmal auch banal ausfallenden Rebsorte echte Weltklasse! In perfekter Weise bearbeitet, können Trebbiano, Vernaccia und auch die Verdicchio aus den Marken perfekte Abbilder des Terroirs sein. Wenn wir noch die piemontesische Timorasso und andere regionale Rebsorten dazu betrachten, wird erst klar, dass die wahren Weißwein-Schätze Italiens aus den autochthonen Rebsorten des Landes entstehen.
Elisabetta Fagioli genießt weit über die Grenzen Italiens hinaus höchstes Ansehen unter ihren Winzerkollegen. Die energiegeladene, unglaublich herzliche Frau ist seit Jahrzehnten eine wahre Größe in der Weinwelt und sie betreibt zudem seit über 50 Jahren auf ganz natürliche Art und Weise Networking. Nachdem sie beinahe 50 Jahrgänge abgefüllt hatte, wusste sie sehr genau, dass es im Alter von über 80 Jahren an der Zeit war, sich langsam um die Zukunft ihres Lebenswerks zu kümmern und dafür zu sorgen, dass die Weinproduktion von Montenidoli weiter in ihrem Sinne betrieben wird. 2019 kam der junge, außerordentlich talentierte Winzer Alessio Cecchini in ihr Team und arbeitete zunächst eng an Elisabettas Seite. Alessio kommt ursprünglich – wie auch Elisabetta – aus der Gegend um Verona, und die beiden waren philosophisch gesehen von Anfang an auf einer Wellenlänge. Diese ähnliche Einstellung und Seelenverwandtschaft war sicher hilfreich für Alessio, denn Elisabetta ist kompromisslos, beharrlich, fordernd und anspruchsvoll. Trotz der hohen Messlatte konnte Alessio innerhalb kurzer Zeit in Elisabettas große önologische Schuhe hineinwachsen.
Die größte Herausforderung des Jahrgangs 2022 war die lange andauernde sommerliche Trockenheit. Es regnete vom 15. Mai bis zum 11. August gar nicht mehr. Um die Frische und Balance der Trauben zu erhalten, wurde in dem Jahr zwei Wochen früher gelesen als 2021. Die Weine haben generell einen dichten und cremigen Charakter. Nach Alessios Erfahrung hat Vernaccia aus wärmeren Jahrgängen ein erstaunliches Potenzial für Flaschenreife, die Weine werden mit der Zeit noch cremiger und entwickeln petrolartige Aromen, ähnlich wie manche Rieslinge aus dem Elsass. Alessios Fokus liegt immer auf den Trauben im Weinberg, denn dort wird bei Montenidoli die Qualität erzeugt. Das Weingut ist übrigens bio-zertifiziert, aber da das eine Selbstverständlichkeit ist, wird das nicht mal auf den Etiketten erwähnt.
2021 verlor das Weingut aufgrund von Frost bereits im Frühling über 30 Prozent der potenziellen Erntemenge. Der Sommer war heiß und trocken. Der perfekte Lesezeitpunkt war wieder absolut entscheidend. 2021 ist bei Montenidoli super stark und außerordentlich gelungen. Die Aromen sind dicht und harmonisch und ebenso wie die überraschende, beinahe klirrende Frische im Mund faszinierend komprimiert und voller Spannung.