Tiberio: Pecorino 2022

Lobenberg: Als die Tiberios 1999 einen alten Trebbiano-Weinberg kauften, fanden sie zwischen diesen Reben auch fünf Pecorino-Rebstöcke. Aber nicht irgendwelche, sondern es handelte sich hier sozusagen um den »Ur-Pecorino«. Diesen ursprünglichen Klon findet man heute nur noch äußerst selten, denn er wurde inzwischen dahingehend gezüchtet, mehr Ertrag zu erzielen und auch im Weinberg eine einfacher anzubauende Rebsorte mit weniger Kapriolen zu werden. 2001 pflanzten die Tiberios dann ihren eigenen 3,8 Hektar Pecorino-Weinberg von den Ablegern dieser fünf Rebstöcke. Die alten Klone produzieren nur wenig Traubensaft im Verhältnis zur Traubenhaut und Kernen, also sind die Erträge winzig. Dafür hat dieser Saft aber extrem viel Charakter, er ist fast untypisch, oder zumindest gänzlich anders als alle anderen Pecorino, die ich je zuvor probiert habe. Mittleres goldgelb im Glas. Die Nase ist so extrem spannend und elegant, dass man gar nicht aufhören möchte am Glas zu riechen: intensive Kräuter, Thymian, Salbei, Kamille und die feine Duftigkeit von Feigenblättern, Sanddorn und frischem Gesteinsmehl. Das ist absolut herrlich! Insgesamt sehr ätherisch-frisch. Im Mund intensiv, salzig, kalkig und mineralisch. Wow! Die feste mineralische Struktur in Kombination mit reichhaltiger Viskosität und einem Teppich aus reifen und animierenden Bitterstoffen ist einzigartig. Aromatisch ist man hier eher auf der kargen Seite, dennoch hat man nie das Gefühl, irgendetwas zu vermissen. Wie ein Blitz zieht sich diese salzig-mineralische Ader durch den Wein – etwas rauchig und noch minutenlang im Mund verbleibend. Ein TraumPartner der verschiedensten Speisen. Die reichhaltige Cremigkeit mit leichter Haptik und Textur von den Schalen macht ihn zum perfekten Begleiter von Bearnaise oder Mayonnaise-Sauce und Parmesan oder Pecorino. Das ist ein wirklich großer Wein zu einem sehr fairen Preis. 93/100