Lobenberg: Der Saugmagen hat reinen Kalkstein als Terroir, aber rot gefärbt durch Terrarossa. Dies ist rotes, eisenhaltiges Gestein aus dem unmittelbar angrenzenden Pfälzer Wald, vermengt mit hellem Kalkstein. Die Lage zeichnet sich bei allen hier tätigen Topwinzern durch unerhörte Feinheit und erhabene Zurückhaltung aus. Weine, die man entdecken und entblättern muss. Auf 250 Höhenmetern gewachsene Stöcke in Kallstadt, uralte Reben, immer sehr kühl hier, natürlich alles ökologische nachhaltige Handarbeit im Weinberg. Die Traubenverarbeitung ist sehr traditionell mit Quetschwalzen und Maischestandzeiten über 12 Stunden und nur sehr kurzen Sedimentationszeiten. Geschwefelt wird vor der Gärung nicht, ein biologischer Säureabbau soll nach Möglichkeit immer vermieden werden. Rein spontan vergoren, in kaum Holz und viel Edelstahl. Belass auf der Vollhefe bis Ende April. Dann klassischer Abstich und mit dem guten Teil der Feinhefe in Stahl überführt. Keine Filtration. Traditioneller und klassischer geht es im Riesling nicht. Der Saumagen schreit aber auch förmlich nach guter, althergebrachter Riesling-Machart. Der Alkoholgehalt liegt bei sehr moderaten 12,5 Volumenprozent. Ich hatte im Kirschgarten, den ich zuvor probiert habe, schon eine Ahnung, dass das ein großes Jahr bei Philipp Kuhn ist. Der Saumagen bestätigt das aufs Eindrücklichste. Unendliche Kalksteinmassen mit Salz. Sattes Zitronengras, Limettenabrieb. Intensiver Tee, fast an Earl Grey erinnernd in der Aromatik. Viel Steinobst an der Seite, etwas grüne Aprikose, aber auch nussige Aromen. Sehr intensiv, drückend, schiebend. Im Mund dann fast explosiv. Nein, das hätte ich in dieser Intensität in 2019 nicht erwartet. Der Wein muss früh gelesen sein, er hat so viel Frische, unglaublich. Das ist richtig knackig, das hat genau das Richtige an grünem Touch, an spröden Einflüssen, an Krautwürzigkeit. Das bildet einen Gegenpart zur satten, salzigen, kalksteinigen Mineralität. Daneben läuft ein bisschen Maracuja, Orangenabrieb, Limette, und auch ein bisschen Quitte, aber nichts auf der breiten Ebene, sondern alles sehr fokussiert, sehr geradeaus, sehr lang. Die Stilistik ist etwas anders als beim Vorgänger aus 2018, der auch eine Sensation war. Der Wein ist unglaublich elegant, er braucht viel länger als 2018 oder als die anderen GGs bei Philipp. Das wird aber einmal ein hocheleganter, ein tänzerischer, schlanker und total verspielter Wein. Aber Zeit muss man ihm einräumen. Auf jeden Fall ein Kandidat für spätere 100 Punkte. Philipp Kuhn, du kannst es! 99-100/100