Markus Molitor: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese Goldene Kapsel 2022

Markus Molitor: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese Goldene Kapsel 2022

Zum Winzer

Riesling 100%
weiß, süß
7,5% Vol.
Trinkreife: 2026–2052
exotisch & aromatisch
frische Säure
leicht süss
Lobenberg: 96+/100
Suckling: 95/100
Parker: 95/100
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese Goldene Kapsel 2022

96+
/100

Lobenberg: Diese Spätlese ist von der ersten Nase bis zum unendlichen Nachhall ein Traum. Anders als in 2021 sind wir eher in gelber, dichter, saftiger Frucht als bei kühler weißer Frucht. Zum Reinspringen schöner Duft nach Mirabellen, Quittenbirne, zerstoßenen Mandeln, ein bisschen Bratapfel und Rosmarinzweig, auch etwas Olivenöl. Diese mediterrane Würze gibt der ansonsten total cleanen, glockenklaren Spätlese einen interessanten Twist. Reich in der Gelbfruchtigkeit, dicht und satt aus dem Glas kommend mit dem salzigen Stein als Balance dazu. Wie meistens hat auch in 2022 die Zeltinger Sonnenuhr die kernigste Säurespur, das bissigste Salz und die größte Aufregung in der Frucht. Der Mund kracht schon ordentlich rein, das ist wie Salzstein lecken. Die Süße spielt auch in dem etwas gelbfruchtigeren Jahr 2022 keine Rolle, kann sich nur in der Nase durchsetzen, wird am Gaumen aber total von der Mineralität überflügelt. Der Speichel fließt die Mundwände hinab. Wo ist die frische Apfeltarte, wenn man sie braucht?! Obwohl der Wein durchaus hungrig macht in seinem balanciertem Spiel, ist er auch solo ein grandioser Genuss, weil er so saftig-verspielt und trotzdem mineralisch aufgeladen ist. Der perfekte Spagat zwischen Freakstoff und Mosel-Kabi für alle. Die Flasche wird immer leer werden. Kraft, Energie und Lebhaftigkeit, alles hat seinen Platz.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

95
/100

Suckling über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese Goldene Kapsel

-- Suckling: Complex spicy and smoky nose with plenty of stone fruit and a touch of persimmon. Impressive ripeness and structure on the palate, but still remains medium-bodied. So much mineral and spicy depth at the finish that you barely feel the sweetness. Very long and structured finish. Drinkable now, but best from 2025.

95
/100

Parker über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese Goldene Kapsel

-- Parker: The 2022 Riesling Zeltinger Sonnenuhr Spätlese (Golden Capsule) is clear and very fine on the elegant and subtle nose that indicates perfectly ripe fruit and intermingles its flavors with delicate notes of finely weathered slate and some flinty tones. Quite sweet on the palate, this is a round and elegant, refined and savory-finishing ZSU with delicate acidity and a serious, intense and persistently mineral structure. It is very long yet still a bit sharp and thus rather dry on the clear and stimulating finish. 7.5% stated alcohol. Natural cork. Tasted at the domaine in August 2024 from AP 22 23.

Mein Winzer

Markus Molitor

Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.