Markus Molitor: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel 2022

Markus Molitor: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel 2022

Zum Winzer

Riesling 100%
weiß, süß
7,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2072
exotisch & aromatisch
sehr süss
frische Säure
Lobenberg: 100/100
Parker: 98/100
Suckling: 97/100
Galloni: 96–98/100
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel 2022

100
/100

Lobenberg: Mit einer Lesemannschaft von 80 Leuten hat Molitor gearbeitet in 2022, das merkt man hier auch ganz klar. Markus berichtete, die Lese 2022 sei die teuerste aller Zeiten gewesen. Es war unglaublich schwer hochgradige Auslesen zu ernten in diesem trockenen Jahr. Nur die aller reifsten und überreifen Beeren wurden selektiert, es gab ja auch kaum Botrytis, das Mostgewicht musste also alleine durch Überreife erreicht werden. Umso erstaunlicher ist es, was für eine grandiose Opulenz da aus dem Glas duftet. Eine Frühlingswiese mit Kräutern, heller Lindenhonig, weißer Nougat, getrocknete Ananas und Sternfrucht. Total kristallin und glockenhell in der Ausprägung, aber dunkel in der Mineralität. Was für ein Spannungsbogen! Feiner Rauch macht sich breit, eingemachte Mirabellen, Apfeltarte mit Zimt und Zucker bestreut. Ein Duftbild für die Götter, wie in Omas Küche. Dichter, schmelzender, fast rahmiger Mund, der aber dennoch ziselierter und weniger ölig daherkommt als in vielen anderen Jahren. Das ist eben die Abwesenheit von Botrytis, es wird nicht so ölig, sondern bleibt kristalliner und feiner – trotz aller Opulenz, die diese Auslese*** fraglos hat. Das ist erneut Süßwein-Weltklasse, nur dass es in seinem etwas geschmeidigeren Charakter völlig anders ist als das waffenscheinpflichtige 2021. Über dieser Auslese*** gibt es nur noch eine Beerenauslese*, mehr war nicht drin. Die ist zum Zeitpunkt der Probe aber noch nicht abgefüllt, daher ist dies aktuell mein Primus im Süßwein. Wobei die Auslese** aus dem Schlossberg der Preisleistungssieger ist. 100/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

98
/100

Parker über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel

-- Parker: The 2022 Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** (Golden Capsule) is concentrated yet very clear and fine on the nose that intermingles finely flinty slate with delicate lemon aromas. Round and refined on the palate, with crystalline acidity, this is a sweet but savory and balanced, highly refined and nevertheless textural and persistently saline Auslese with great finesse and elegance. 7.5% stated alcohol. Natural cork. Tasted at the domaine in August 2024 from AP 28 23.

97
/100

Suckling über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel

-- Suckling: Stacks of dried tropical fruits and vanilla fill out the compact body of this very concentrated Auslese. Great energy and drive. Sure you could drink this soon, but with this kind of huge structure we suggest hanging on for at least a couple of years, or even better, a couple of decades. Drinkable now, but best from 2026. 97/100

96–98
/100

Galloni über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Goldene Kapsel

-- Galloni: The 2022 Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Gold Capsule was made with more than 50% botrytised grapes. Molitor says the must weight here is in the BA spectrum. There is a citric lift on the nose that is otherwise shy. The palate is compact, has a lovely bitter edge of candied peel, and is very concentrated and luscious. It's exquisitely detailed with candied orange and twin notions of clear blossom and dark fir honey. Tangerine highlights dance, while the finish on this viscous liquid is endless. (Luscious) 96-98/100

Mein Winzer

Markus Molitor

Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.