Jülg: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2023

Jülg: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2023

VDP

Zum Winzer

Pinot Noir 100%
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2029–2048
seidig & aromatisch
pikant & würzig
saftig
Lobenberg: 97–98+/100
Galloni: 96/100
Deutschland, Pfalz
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2023

97–98+
/100

Lobenberg: Der »KB« wächst im Kammerberg, im französischen Teil der Lage Sonnenberg, also tatsächlich zu 100 Prozent in Frankreich. Das, was früher der Top-Wein Opus Oskar war, ist jetzt komplett hier drin. Sehr purer Kalkstein, eine steilere Lage. Selektive Handlese, Spontangärung in Edelstahl, 18 Monate Ausbau in etwa 30 Prozent neuen Barriques mit erster bis dritter Belegung, dann unfiltriert abgefüllt. Immer vollständig entrappt, aber mit viel Pigeage, also Unterstoßen, weil für Johannes Jülg Struktur und Tannin schon Kernelemente sind. Er sucht aber eine andere Herangehensweise, bringt das Tannin durch die Kerne und durch etwas erhöhte Neuholzanteile. Rappen sind nicht sein Ding, er will die pure Beerigkeit behalten. Der Kammerberg ist kirschiger als der beerige Kostert, purer, zeigt mehr Eisen und Jod, hat salzige Anklänge, Austernschale, kleine knubbelige Sauerkirsche, süße Schwarzkirsche auch dazu. Unglaublich elegant, das treibt einem fast tränen in die Augen ob dieser enormen Brillanz. Maulbeere mit Rosa Pfeffer gespickt, Berberitzen und fast zitrische Öligkeit. Am Gaumen ist das Tannin zupackend. Aber ultrafein. Das schiebt mit feinem Salz über die Zunge, erzeugt Speichelfluss, aber vor allem ordentlich Druck. Diese Energie ist bemerkenswert, die konzentration verblüffend. Unheimlich tänzelnd, schlank und vibrierend, nur auf der Mineralität gebaut. Kostert ist köstlicher, Kammerberg ist faszinierender. Ein großer, fesselnder Wein. Langlebigkeit und Tiefgründigkeit auf absolutem Top-Level.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

96
/100

Galloni über: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs

-- Galloni: The 2023 Spätburgunder Sonnenberg KB is from the Kammerberg on pure limestone. KB is codified as the site is across the border in Alsace. Made with completely destemmed fruit, this has a slightly darker hue than its sibling from Kostert, but it has the same translucency. The 2023 has a supple, ripe, slightly smoky cherry scent on the nose, with a blossom aroma with more air. The palate is wonderfully supple, with exquisite brightness and an absolutely fine-boned yet firm structure. The density of the tannins and their beautiful, simultaneous transparency is astonishing. Its scented nature and freshness are paramount. The 2023 is a wonderful expression that Werner Jülg compares to minimalism in contemporary art. He has a point. (Bone-dry)

Mein Winzer

Jülg

Das Weingut Jülg im südpfälzischen Schweigen-Rechtenbach ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Winzer Johannes Jülg zählt mit seiner absolut eigenständigen und sehr burgundischen Stilistik bereits seit einigen Jahren zur qualitativen Spitze der Pfalz.

Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2023