Lobenberg: Das Flaggschiff von Artadi. El Pisón ist ein Weinberg mit 2,4 Hektar in Laguardia, die Reben wurden 1945 gepflanzt und stehen in Südostexposition. Aber auch dieser Wein hat sich im Charakter durchaus verändert durch die Eleminierung von Neuholz, durch den Ausbau im Tonneau, Demi-Muid und 3000-Liter-Fass. Das Neuholz mit der leichten Kaffeenote in der Nase, Röstaromen und etwas Kokos sind ab 2024 völlig verschwunden. Viel schwarze Frucht, die aus der Lage und dem Alter der Reben stammt. Schwarzkirsche, etwas Cassis, aber das Ganze sehr fein bleibend. Eher wie ein Merlot vom Kalkstein-Plateau Saint-Émilions. Diese unendliche Feinheit… Auch ein Hauch von Cabernet darunter, der natürlich nicht vorhanden ist, denn es ist ein reiner Tempranillo. Aber irgendwo schwankt der Wein ein bisschen zwischen Figéac und Troplong-Mondot, dazu hat er rotfruchtige Elemente wie ein Léoville-Las-Cases. Helle Lakritze, Nutella und Pralinen dahinter, dazu Sahne und Karamelle. Sehr schicke Nase – fein! Man ahnt den Gerbstoff, aber das Ganze ist seidig und poliert. Der Wein hat einen tiefen pH-Wert und deshalb hat er im Mund eine unglaublich Frische! Im El Pison kommt das in einer so konzentrierten Form! Sehr schlanke, intensive Säure wie aus früh gelesenen Himbeeren – früh gelesene Pinot Noir, dazu frische Merlot, Sangiovese und ergänzt von Cabernet Sauvignon aus Saint-Julien. Ein Tanz um die Mitte herum – hochintensiv! Das ist Finesse pur. Ungeschminkt nur die Wahrheit zeigend, nur das Kalkstein-Terroir mit dieser hohen Salzfracht. Hochlage, Cool Climate, spielerisch. Aber man muss Frische mögen, eindeutig. Der Wein steht für zwei Minuten in seiner Léoville-Las-Cases-artigen Frische. Langsam kommen Assoziationen an Château Lafite dazu. Pison ist großes, feines, frisches Kino! *** Erstmals mit dem Jahr 2022 hat der seit 15 Jahren heiß herbeigesehnte Wechsel in Vergärung und Ausbau bei Artadi stattgefunden. Vollendet wird dieser Wechsel jedoch erstmalig zum kühlen Jahrgang 2024, der in Spanien so sehr dem grandiosen Jahrgang 2021 entspricht. Ab 2024 wird grundsätzlich früher gelesen um Frische und Finesse zu erhalten und um jegliche Marmeladigkeit in der Tempranillo zu vermeiden, Alkoholgrade deutlich unter den früheren 14 oder 15 Grad sind das Ziel. Nach der nun deutlich auf nur noch 8 bis 12 Tage verkürzten Vergärung (damit der entstandene Alkohol die bitteren Tannine nicht aus den Kernen und Schalen holen kann) im großen Holztank oder auch Inox wird sofort umgezogen, die Malo findet dann in den 600 Liter-Holzfässern statt. Alles wird in Demi-Muids (600 Liter) und ein kleinerer Teil in Tonneaux (500 Liter) ausgebaut. Alles in gebrauchtem ein- bis dreijährigem Holz. Barriques und neues Holz sind ganz raus. Schon nach acht Monaten gehen die Weine in 3000-Liter Holzfuder. Danach folgt der Umzug nach sechs bis acht Monaten in den Stahltank. Dieser radikale Wechsel in Ausbau und Vergärung führt bei Artadi dazu, dass der Holzeinfluss dramatisch reduziert wird. Die Frucht und das Terroir stehen jetzt deutlich im Vordergrund. Schade eigentlich, dass es 15 Jahre gedauert hat, bis der Besitzer Juan Carlos und sein französischer Winemaker Jean-Francois einsichtig wurden. Dazu brauchte es erst die zahlreichen Reisen des Sohns Carlos durch die Weinwelt. Artadi beschreitet nun den Weg hin zum eindeutigen Terroirabdruck und zur totalen Finesse mit kühler Frucht und seidigem Tannin, der nun in Bordeaux, aber auch in der Rioja gegangen wird. Fette Frucht, Marmelade, hoher Alkohol, Holz und sehr extrahierte Tannine sind out. Jetzt zählen nur noch Feinheit und Finesse.