Aldinger: Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs 2021

Aldinger: Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs 2021

VDP

Zum Winzer

Chardonnay 100%
weiß, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2038
voll & rund
mineralisch
Lobenberg: 95+/100
Suckling: 96/100
Falstaff: 94/100
Deutschland, Württemberg
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs 2021

95+
/100

Lobenberg: Mit dem Jahrgang 2019 hat Aldinger den Chardonnay Reserve mit seiner Lage bezeichnet, in der er ohnehin schon immer wächst. Es ist eine GG-Lage, allerdings ist Chardonnay in Württemberg (noch) nicht als GG zugelassen, daher die Abstufung als Erstes Gewächs. Dieser Chardonnay ist wieder eine von Aldingers Spezialitäten! Hansjörg und Matthias Aldinger fahren eine Handvoll völlig experimenteller Weine. Württemberg ohne Krawatte sozusagen. Welch Talent und Frische die beiden in den Betrieb bringen ist grandios. Denn das Weingut selbst ist nach wie vor die Nummer eins in Württemberg, hätte solch wagemutigen Spielereien nicht nötig. Und gerade deshalb ist es umso beachtlicher, dass hier die besten Weine der Region entstehen und der Wandel vom Establishment ausgeht. Die großen Weine sind immer die Grenzgänger wie der ungeschwefelte Trollinger Sine, der Spitzensekt aus dem Hause, der vermutlich zur Zeit der beste Schaumwein Deutschlands ist, Sauvignon Blanc aus dem Betonei oder diesen abgefahrenen Chardonnay Reserve. Der Chardonnay wird in 500 Liter Tonneaux spontan vergoren und lange auf der Hefe darin ausgebaut, vor der Füllung liegt er noch etwas im Edelstahl. Schöne reduktive Spannung, ein bisschen im Charakter wie es gerade bei der jungen Garde im Burgund oder im Jura sehr angesagt ist. Bitte keinen normalen Chardonnay erwarten, das ist schon ein sehr spezielles Teil, sowas haben Sie aus Württemberg wahrscheinlich noch nicht getrunken. Hoher Spannungsbogen in der Nase. Feuerstein, Bleistiftabrieb, irgendwo zwischen Sancerre Silex und Chassagne-Montrachet-Kalk. Wo ist die Frucht? Braucht Aldinger nicht! Auch leicht kreidig-mehlige Anklänge. Im Mund sehr pikant, intensiv, wow, so viel Salz, dass die Augen schmal werden. Nahezu fruchtlos, flüssiger Feuerstein mit Kreide, milde Zitruszesten, Orangenschale. Trotz seiner hohen Energie und reduktiven Spannung ist der Wein auch geschmeidig und zartschmelzend am Gaumen. Hat eine wunderbar ausgewogene Textur, diese Harmonie und Eleganz. Mundwässernd, salzig, griffig, mit toller Gerbstoffstruktur. Dieser flüssige Stein ist für Jura- oder Schäfer-Fröhlich-Trinker sicher ein Heimspiel, alle anderen sollten sich vorher anschnallen. Auch Julian Huber arbeitet mit seinen Chardonnays in diese kargere Richtung. Chardonnay aus Württemberg aber eben ohne Krawatte. Avantgardistisch. 95+/100

Jahrgangsbericht

Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.

96
/100

Suckling über: Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs

-- Suckling: This is a super-elegant chardonnay that proves Germany can play in the first global league for this grape, even in a cooler vintage like 2021. Delicate lemon blossom and zest aromas with stacks of flinty complexity. Wonderful interplay of restrained creaminess and mineral freshness with just enough lemony acidity to make this tingle at the really long, precise finish. Drink or hold. 96/100

94
/100

Falstaff über: Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs

-- Falstaff: Im Duft dezent röstiges Holz, rauchig-hefige Noten, salziges Popvorn. Im Mund hat der Wein einen großzügigen Fond mit seidigen Phenolen, eine feste Säure sowie einen kreidigen, deutlich mineralisch geprägten Abgang. Derzeit noch sehr in sich gekehrt. 94/100

Mein Winzer

Aldinger

In Fellbach, unweit entfernt von der Landeshauptstadt Stuttgart, befindet sich der VDP-Traditionsbetrieb Aldinger. Das älteste und bekannteste Weingut Fellbachs existiert schon seit 1492.

Chardonnay Untertürkheimer Gips Erstes Gewächs 2021