Riesling Bürgstadter Berg Erste Lage 2022

Rudolf Fürst: Riesling Bürgstadter Berg Erste Lage 2022

VDP

Zum Winzer

94–95
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2038
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
frische Säure
3
Lobenberg: 94–95/100
Gerstl: 19/20
6
Deutschland, Franken
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Bürgstadter Berg Erste Lage 2022

94–95
/100

Lobenberg: Dieser Wein war vorher Bestandteil des Centgrafenbergs, der dann geteilt wurde in einen Teil Großes Gewächs sowie den anderen Teil, der jetzt in den Bürgstadter Berg heißt. Der Bürgstadter Berg ist also der Rahmen, in dem das Centgrafenberg GG liegt. Alles in extremer Hanglange auf rotem Buntsandstein. Nach der Lese werden die Trauben nur ganz kurz als Ganztraube angequetscht mit den Füßen und sofort abgepresst. Es gibt also keine Standzeiten, keine Phenolik oder Rappenwürze über diesen Weg. Es geht bei Fürst um Puristik und Klarheit beim Riesling. Ausbau in einem alten 1550 Liter Holzfass, das Fürst mal hat anfertigen lassen. Die Entscheidung die Rieslinge so zu erzeugen ist eine reine Stilfrage. Da wir hier auf dieser extremen Feinheit des roten Buntsandsteins liegen, ist die Puristik der Frucht im Vordergrund. Wir sind in diesem Wein einen Quantensprung über dem Riesling »pur mineral«, obwohl der auch schon extrem gut ist. Aber die mineralische Textur, dieser samtige, aufregende Druck, der hier kommt, ist schon eine andere Hausnummer. Schon in der Nase etwas gesetzter, ein bisschen mehr reduktive Spannung und weniger anspringende Frucht. Sebastian Fürst war mal mit Cornelius Dönnhoff in seinen Weinbergen unterwegs und stand vor dem Höllenpfad im Mühlenberg und war völlig baff: »Der sieht ja aus wie mein Bürgstadter Berg!«. Und tatsächlich sind sich die Weine relativ ähnlich im Stil. Grapefruit und Nektarine sind klassisch für diesen Boden, das Schiebende aus dem warmen Stein, die kernigen Gerbstoffe. Wenn man es nicht wüsste, man käme hier kaum auf ein heißes Jahr, so kühl und saftig ist der Riesling. 94-95/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

19
/20

Gerstl über: Riesling Bürgstadter Berg Erste Lage

-- Gerstl: Sebastian Fürst kann den Jahrgang mit keinem anderen vergleichen, zumindest in diesem jugendlichen Alter. Wir sind auf jeden Fall überrascht, wie frisch und zitrisch die Rieslinge sich präsentieren. Genial, wie die Mineralität weit aus der Tiefe her aus dem Glas strahlt. Mineralische Kraft und florale Eleganz reichen sich die Hand – was für ein sinnliches Zusammenspiel. Auch am Gaumen präsentiert sich der Wein von der zarten, knackig frischen Seite – eben so wie man Riesling einfach liebt. Nur ganz fein kommen zitrische Aromen und ein kleiner Hauch gelbfruchtiger Nuancen zur Geltung. Viel mehr macht sich auch hier die Mineralität bemerkbar, die sich lange bis ins Finale hinzieht. 19/20

Mein Winzer

Rudolf Fürst

Franken ist Frankreich nicht nur phonetisch ganz nahe. Wer behauptet, dass exzellenter Pinot Noir, also Spätburgunder nur aus dem in Frankreich gelegenen Burgund stammt, hat mindestens die letzte Dekade verschlafen.

Riesling Bürgstadter Berg Erste Lage 2022