Alter Satz 2022

Weingut Max Ferd. Richter: Alter Satz 2022

Zum Winzer

93+
100
2
Diverse, Riesling
5
weiß, trocken
11,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2034
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
leicht & frisch
3
Lobenberg: 93+/100
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Alter Satz 2022

93+
/100

Lobenberg: Aufgepasst, hier kommt der urwüchsigste Wein der Mosel! Ein Wein wie in früheren Jahrhunderten üblich. Mischsatz von uralten, quasi ausgestorbenen, einst traditionellen Rebsorten. Gelber Kleinberger, Orleans, Grünfränkisch, Adelfränkisch, um nur einige zu nennen, natürlich ist auch Riesling mit drin. Constantin Richter und sein Vater lassen die Tradition in diesem Wein als Versuchsanbau wieder aufleben. Ich bin so gespannt diesen Wein erstmals zu probieren, denn auch für mich ist sowas ein absolutes Novum. Reinen Gelber Orleans kenne ich von Knipser und Breuer, die diese Sorte rekultiviert haben, aber so einen Mischsatz von der Mosel hatte ich noch nie. Alle Trauben werden gleichzeitig geerntet, für einen Tag eingemaischt, gemeinsam gepresst und trocken vergoren. Dann im traditionellen alten Moselfuder ausgebaut. Die Nase hat überraschende Nuancen, sehr kräutrig, grünblättrig, Kamille und weißer Tee. Die Nase erinnert mich etwas ans Jura oder das südliche Burgund. Frische Weintraube und Limette, dann wieder deutlich kräuterig, griffig und herb. Das Verblüffendste ist aber die Eleganz, die ich in dieser Form überhaupt nicht erwartet hatte. Die gemeinsame Vergärung schafft hier eine grandiose Balance, wir kennen das von anderen Regionen, die mehr mit Blends und Mischsätzen arbeiten, dort schwören auch viele Winzer auf Co-Ferment. Im vergleich zum Riesling ist die Textur etwas runder, »burgundischer« in der Art. Ich bin baff – das ist nicht nur von der Story her richtig spannend, sondern sogar ein richtig trinkfreudiger, animierender Wein. Im Nachhall kommt wieder diese herbe Kräuternote durch die den Wein wie ein roter Faden durchzieht. Jetzt ist es mehr Zitronenmelisse, Pfefferminze, feine Ingwerschärfe. Einerseits einer der spannendsten Weine, die man an der Mosel finden kann. Andererseits ein wirklicher Genuss und das bei so beschwingt geringem Alkohol. Mit seiner milderen Art auch eine echte Alternative für alle, denen Moselriesling etwas zu bissig ist. Ich bin begeistert, eine flüssige Zeitreise. 93+/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

Mein Winzer

Weingut Max Ferd. Richter

Mosel-Riesling - seit 1680! Viele Betriebe rühmen sich mit Historie und Tradition, aber nur bei wenigen ist es so zutreffend wie bei Max Ferd. Richter. Ein Familienbetrieb in zehnter Generation, der seit 1880 einen der größten und umfangreichsten Fasskeller der Mosel besitzt. Knapp 20 Hektar in den...

Alter Satz 2022