Saint-Joseph Rouge 2022

Dard et Ribo: Saint-Joseph Rouge 2022

2
Syrah 100%
5
rot, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2037
Verpackt in: 12er
9
unkonventionell
pikant & würzig
naturbelassen
3
Lobenberg: 95/100
6
Frankreich, Rhone, Nordrhone
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Saint-Joseph Rouge 2022

95
/100

Lobenberg: Der Wein entsteht jeweils hälftig in zwei Parzellen der Gemeinde. Ein Teil stammt aus Pitrou, eine sandige Granitlage mit Pflanzungen aus den 1940er bis 1950er Jahren. Der andere Teil wächst in Les Champs mit hartem Quartz- und Granitfels, rotem Lehm so wie Alluvialböden, hier sind die Reben aus den 1950er Jahren. Der Wein wird komplett als Ganztraube vergoren und dann für 10 bis 12 Monate ohne Schwefelzusatz in alten 600 Liter Fässern ausgebaut. Keine Zusätze, keine Schönung und keine Filtration. Seit Mitte der 1980er Jahre erzeugen die beiden Kultwinzer Dard & Ribo biologisch angebaute Weine völlig ohne Zusätze. Mittlerweile sind sie auch Hardcore-Biodynamiker. Sogar auf Schwefelzusatz wird weitgehend verzichtet, höchstens eine minimale Menge zur Füllung in manchen Jahren. Das heißt wir sprechen hier eigentlich von Natural Wine im heutigen Sinne. Aber Dard & Ribo arbeiten auf diese Art schon seit Jahrzehnten und lange bevor Natural so genannt wurde. Sie schätzen ganz einfach die frühe Zugänglichkeit und den verspielten, eigenwilligen Charakter der so entstehenden Weine, ohne irgendein Klischee bedienen zu wollen, dafür sind sie schon viel zu lange dabei. Im Gegensatz zu Dard & Ribos Superfruchtbombe aus Crozes Hermitage, ist der Saint Joseph sehr viel gesetzter, erwachsener und seriöser. Die Frucht drückt sich hier eher in Nuancen aus, dafür dominiert daneben viel mehr Stein und Mineralanmutung. Etwas Brombeere, Himbeere, ein kleiner Touch Cassis und Blaubeere, dazu rohes Fleisch, etwas Kakao und schwarzer Pfeffer. Alles untermalt von einer Wolke aus Rauch, Schiefer und Kreideabrieb. Sehr komplex, sehr Terroir-getreu, viel Nordrhône in der Nase. Der Mund ist elegant und fein. Geradezu energetisch und saftig gleitet die eher rote Frucht über die Zunge. Hier gibt es keine schwarzfruchtige Üppigkeit wie im Crozes Hermitage, sondern viel mehr Style und Grandezza. Natürlich haben wir hier fest zupackende Tannine, die aktuell noch etwas abweisend wirken. Klar, bei super kargen Granitböden und Ganztraubenvinifikation kommt kein Schmusekätzchen raus, sondern ein Wein mit eisernem Rückgrat. Dennoch zeigt sich in dieser rotfruchtigen Eleganz und Saftigkeit schon deutlich wo die Reise in zwei, drei Jahren einmal hingehen wird. Sehr finessenreich und kühl in der Mitte, rote Waldbeeren, viel Pfeffer und Steinigkeit, feines Salz. Und trotz der Kühle der Frucht eine gewisse Wärme ausstrahlend, die den Mund tatsächlich physisch lange belegt und die tiefgreifende, steinige Mineralanmutung noch immens verstärkt. Dazu diese üppigen, kreiden Tannine. Ja, das ist schon ganz klassischer Saint Joseph der alten Schule. Steinige Würze, feste Struktur und elegante Rotfruchtigkeit. Ein Terroirwein par excellence, der überhaupt nicht von seiner naturbelassenen Ausbauart dominiert wird, sondern eindrucksvoll die Expression dieser kargen Steilhänge und der Granitböden transportiert. Der Wein ist durchaus schon charmant und ansprechend, aber auf Grund seiner markanten Struktur ist es ratsam ihn einige Stunden zu dekantieren oder noch ein paar Jahre ruhen zu lassen. Ein charaktervoller Saint Joseph der alten Schule, der Finesse über Kraft setzt und trotzdem lange halten wird. Leider sehr limitiert und rar. 95/100

Jahrgangsbericht

Der Jahrgang 2022 ist ein multikomplexer, kontrastreicher, heterogener und ganz und gar ungewöhnlicher Jahrgang - offensichtliche Folgen des Klimawandels? Die Rhone hat in den letzten zwei Jahren somit zwei extreme, paradoxe und diametral entgegengesetzte Jahrgänge erlebt. 2021 war frostig, kühl und regenreich, klassisch aufregendes cool-climate. 2022 war dagegen viel zu trocken und extrem sonnig. Dieser schnelle Wechsel macht etwas ratlos und 2022 stellt sogar die Zukunft mancher Weinberge dauerhaft in Frage. Der schon jetzt zu einem der besten Jahrgänge des letzten Jahrzehnts erklärte Jahrgang 2022, den manche gar mit 1978 vergleichen, hält zwar im Norden wunderbare, ja grandiose Überraschungen bereit, aber im Süden durchaus auch einige herbe Enttäuschungen. Die Widerstandsfähigkeit der Reben angesichts der klimatischen Extremsituationen erstaunt dennoch! Die mehr oder weniger intensiven Regenfälle Mitte August und September retteten dann die Weinberge und Regionen, in denen der Punkt ohne Wiederkehr durch Wasserstress noch nicht erreicht war, manchmal aber war es zu spät. 2022 ist somit durch sehr starke Heterogenität zwischen und auch innerhalb der Appellationen gekennzeichnet, grandiose Schönheiten und vertrocknetes, unreifes Elend liegen oft nah beieinander, alles hing am seidenen Faden. Unsere Verkostungen bei den Erzeugern und unsere akribische Auswahl hat in diesem Jahrgang 2022 noch mehr Bedeutung als je zuvor.Südliche Rhone:Wider Erwarten sind die Weißen harmonisch, aromatisch und nicht fett und alkoholisch, es gibt viele großartige Erfolge. Erstaunlich und superb! Die Qualität der Roten ist deutlich heterogener. Unbalanciertheit, Disharmonie, spröde und harte Tannine und mangelnde phenolische Reife findet man in vielen jungen Reben. Nur sehr alte Reben mit minimalen Erträgen und tiefem Wurzelwerk bieten komplexe und anmutige, ja sogar ganz große Weine der historischen Extraklasse.Nördliche Rhone:Der kühlere Norden blieb von den meisten Leiden des Jahrgangs verschont. Die vollständige Reife wurde fast immer erreicht und die Alkoholgrade blieben moderat. Die Gaumen der gleichermaßen großartigen Weißen und Roten sind üppig, prall und dennoch straff. Weine mit Typizität und Stil, die Sommeliers und Restaurants gleichermaßen glücklich machen werden. Ein historisch großer Jahrgang!

Mein Winzer

Dard et Ribo

René-Jean Dard und Francois Ribo sind so etwas wie die „unfreiwilligen“ Natural Wine Rockstars der nördlichen Rhône. Unfreiwillig, weil die beiden seit den 1980er Jahren schon minimal-invasiven Wein möglichst ohne Zusätze oder önologische Eingriffe herstellen.

Saint-Joseph Rouge 2022