Lobenberg: Der 2014er ist im Winter 22/23 erschienen. Weil Hajo den Jahrgang jung etwas zu streng fand, hat er die Weine zurückgehalten, um sie mit der nötigen Reife herauszubringen. Er wusste ja was hier drinsteckt und wie die Weine aufblühen werden, wenn man die nötige Geduld mitbringt. Die Geduld hat er uns also abgenommen und lässt dieses gebändigte Teufelszeug nun auf uns los. In 2014 hat Hajo keine Spätlesen gefüllt, daher ist das Kabinett aus den Alten Reben eigentlich eine Turboversion, die das gesamte Topmaterial enthält, das eigentlich in die Spätlesen gegangen wäre. Der Jahrgang war kein einfacher, eher kühler und regnerischer, da Hajo aber niemanls Abstriche bei der Qualität macht, ist er diesen Schritt gegangen, um auch 2014 absoluten Spitzenstoff zu erzeugen. 28 Gramm freier Extrakt lassen hier trotz kühlem, asketischem Jahrgang richtig die Post abgehen. Hajo ist eben ein Meister, der in fast allen Jahrgängen und seien sie noch so anspruchsvoll, seinen Style durchzieht und abliefert. Der Wein kann trotz seiner Reife viel Luft vertragen und kann gerne karaffiert werden, er legt nur noch weiter zu. Sehr dichte, intensive Nase, die gelbe Frucht schiebt aus dem Glas, Mirabelle, Pfirsich, Bienenwachs, Menthol und Anis, getrocknete Mangostreifen und in Salz und Zucker confierte Zitronen. Der Mundeintritt überrascht ein weiteres Mal, denn dieser Stoff baut eine Kraft und eine Dichte auf, dass man es kaum glauben mag. Kabinett ist hier wirklich nur aufgrund der Leichtfüßigkeit und Trinkfreude die korrekte Bezeichnung auf dem Etikett. Eigentlich ist dieser Druck und diese tiefgreifende Mineralstruktur, die einen scheinbar endlosen Salzstreifen auf die Zunge zieht schon ganz klar in Richtung Spätlesequalität unterwegs. Was für ein atemberaubender, dichter, ja fast krachender und dann doch irgendwie schlanker 2014er! Das zählt sicher zum Feinsten, was in diesem anspruchsvollen Jahr geerntet wurde in dieser Kategorie – und zwar deutschlandweit. Die gewachste Zitrone platzt auf der Zunge, dann Zitronengras, weißer Tee, schwarzer Pfeffer und vibrierende Menthol- und Ingwerfrische im Nachhall. Puh, das Teil muss man erstmal auf sich wirken lassen, selbst nach Tagen offen steht der Wein noch wie eine Eins. Bitte keine 2014er Vorurteile hegen, das hier ist ein Hajo Becker! 95+/100
