Lobenberg: Der reinsortige Chardonnay Nibbio ist ein seit Jahrzehnten gehegter Wunschtraum von Renzo Cotarella, des Winemakers und CEO von Antinori. Er ist hier in Umbrien ganz in der Nähe geboren, und sein Traum reifte Jahrzehnte. Piero und Renzo glaubten beide nicht so recht an die Größe des Terroirs hier und Renzo war angetreten, ja musste sogar hier antreten, um das Gegenteil zu beweisen. Der Cervaro ist seit Jahren einer der besten Weißweine Italiens. Castello della Sala ist Renzos Herzensweingut im Imperium, er liebt seine Toscanaweingüter, aber sein Herz schlägt hier! Und er hat es mit dem Nibbio ganz sicher geschafft, der Nibbio ist nämlich der einzige Wein im ganzen Antinori Imperium, der von Piero Antinori mit seinem Namen signiert wurde.Renzo und Piero traten mit dem wirklich großen Anspruch an, den besten und grandiosesten Weißwein Italiens zu machen. Erst vor 10 Jahren fanden sie dann den idealen Platz und dazu auch den Mut, an der höchsten und kühlsten Stelle ihres umbrischen Weinguts, auf 550 Höhenmetern in Nordexposition, einen nur 1,5 Hektar großen Weinberg mit sandigen Böden nebst etwas Lehm und extrem viel Aktivkalk, mit einer Selektion Massale aus den erwiesen besten Reben des Weinguts zu bestocken. Vielleicht brauchte es auch den Klimawandel um in einer so kühlen Umgebung große reife Weine zu machen. (Auch ein Pinot Noir von hier oben ist noch in der Pipeline) Dichtpflanzung und doch nur 5000 Flaschen aus 1,5 Hektar! Wahrhaft geringer Ertrag je Pflanze, weit unter 1 Kilo. Vergärung nach etwas Schalenkontakt und Ganztraubenpressung im neuen französischen Barrique mit dichten Poren und nur zartem Toasting von Burgunder Tonnellerien. Dann 18 Monate Ausbau auf der Feinhefe im gleichen neuen Holz, keinerlei Bâtonnage. Fett und Cremigkeit und hochreife, oxidative Exotik galt es unbedingt zu vermeiden. Danach unfiltrierte Abfüllung mit minimalstem Schwefel und weitere 24 Monate Flaschenreife vor dem Release.Renzos Vorbild war immer Corton-Charlemagne, und ich denke, diesem großen Vorbild entspricht der Wein durchaus. Eben nicht gelbfruchtig und exotisch wie Montrachet zu werden, sondern kühl mineralisch wie Chevalier-Montrachet oder Chassagne Morgeot oder eben gar Corton-Charlemagne.Weiße Frucht und weiße Blüten dominieren Nase und Mund, dazu ein leicht reduktiver Stil, Zitrus, Bergamotte, weißer Pfirsich, Quitte, etwas Anis und Ingwer, zerdrückte Aprikosenkerne, Walnuss und Mandeln, leichte pfeffrige Schärfe und salzige Kalksteinmineralik, viel weiße Blüten und dazu ein perfektes Holz wie Roulot. Sehr, sehr stylisch, schlank und präzise im unendlichen, sauber definierten Geradeauslauf. Super Fokussierung! Irgendwo changierend zwischen Tim Schäfer Fröhlichs Felseneck GG und Bonneau du Martray, dazu Assoziationen an Marc Moreys Chassagne und auch an hochfeinen Jura-Chardonnay mit dieser großen mineralisch reduktiven Puristik. Unendlich fein. 5 bis 8 Jahre warten, dann in Perfektion langsam antrinken. Aus dem Stand vielleicht sogar der beste Weißwein Italiens, zumindest im Bereich Chardonnay, mission possible! 97-100/100
