Saint-Joseph Rouge 2021

Dard et Ribo: Saint-Joseph Rouge 2021

2
Syrah 100%
5
rot, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2036
Verpackt in: 12er
9
unkonventionell
pikant & würzig
naturbelassen
3
Lobenberg: 95/100
6
Frankreich, Rhone, Nordrhone
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Saint-Joseph Rouge 2021

95
/100

Lobenberg: Der Wein entsteht jeweils hälftig in zwei Parzellen der Gemeinde. Ein Teil stammt aus Pitrou, eine sandige Granitlage mit Pflanzungen aus den 1940er bis 1950er Jahren. Der andere Teil wächst in Les Champs mit hartem Quartz- und Granitfels, rotem Lehm so wie Alluvialböden, hier sind die Reben aus den 1950er Jahren. Der Wein wird komplett als Ganztraube vergoren und dann für 10 bis 12 Monate ohne Schwefelzusatz in alten 600 Liter Fässern ausgebaut. Keine Zusätze, keine Schönung und keine Filtration. Seit Mitte der 1980er Jahre erzeugen die beiden Kultwinzer Dard & Ribo biologisch angebaute Weine völlig ohne Zusätze. Mittlerweile sind sie auch Hardcore-Biodynamiker. Sogar auf Schwefelzusatz wird weitgehend verzichtet, höchstens eine minimale Menge zur Füllung in manchen Jahren. Das heißt wir sprechen hier eigentlich von Natural Wine im heutigen Sinne. Aber Dard & Ribo arbeiten auf diese Art schon seit Jahrzehnten und lange bevor Natural so genannt wurde. Sie schätzen ganz einfach die frühe Zugänglichkeit und den verspielten, eigenwilligen Charakter der so entstehenden Weine, ohne irgendein Klischee bedienen zu wollen, dafür sind sie schon viel zu lange dabei. 2021 ist der back to the future-Jahrgang an der Rhône. Kühler und spät reifend, ein Sommer mit mehr als ausreichend Regen und ein langer, kühler Herbst mit voller Reife. Die Tolle Säure macht es zu einem der elegantesten und burgundischsten Jahre an der Rhône. Im Gegensatz zu Dard & Ribos Superfruchtbombe aus Crozes Hermitage, ist der Saint Joseph sehr viel gesetzter, erwachsener und seriöser. Die Frucht drückt sich hier eher in Nuancen aus, dafür dominiert daneben viel mehr Stein und Mineralanmutung. Etwas Brombeere, Himbeere, ein kleiner Touch Cassis und Blaubeere, dazu rohes Fleisch, etwas Kakao und schwarzer Pfeffer. Alles untermalt von einer Wolke aus Rauch, Schiefer und Kreideabrieb. Sehr komplex, sehr Terroir-getreu, viel Nordrhône in der Nase. Der Mund ist elegant und fein. Geradezu energetisch und saftig gleitet die eher rote Frucht über die Zunge. Hier gibt es keine schwarzfruchtige Üppigkeit wie im Crozes Hermitage, sondern viel mehr Style und Grandezza. Natürlich haben wir hier fest zupackende Tannine, die aktuell noch etwas abweisend wirken. Klar, bei super kargen Granitböden und Ganztraubenvinifikation kommt kein Schmusekätzchen raus, sondern ein Wein mit eisernem Rückgrat. Dennoch zeigt sich in dieser rotfruchtigen Eleganz und Saftigkeit schon deutlich wo die Reise in zwei, drei Jahren einmal hingehen wird. Sehr finessenreich und kühl in der Mitte, rote Waldbeeren, viel Pfeffer und Steinigkeit, feines Salz. Und trotz der Kühle der Frucht eine gewisse Wärme ausstrahlend, die den Mund tatsächlich physisch lange belegt und die tiefgreifende, steinige Mineralanmutung noch immens verstärkt. Dazu diese üppigen, kreiden Tannine. Ja, das ist schon ganz klassischer Saint Joseph der alten Schule. Steinige Würze, feste Struktur und elegante Rotfruchtigkeit. Ein Terroirwein par excellence, der überhaupt nicht von seiner naturbelassenen Ausbauart dominiert wird, sondern eindrucksvoll die Expression dieser kargen Steilhänge und der Granitböden transportiert. Der Wein ist durchaus schon charmant und ansprechend, aber auf Grund seiner markanten Struktur ist es ratsam ihn einige Stunden zu dekantieren oder noch ein paar Jahre ruhen zu lassen. Ein charaktervoller Saint Joseph der alten Schule, der Finesse über Kraft setzt und trotzdem lange halten wird. Leider sehr limitiert und rar. 95/100

Jahrgangsbericht

Der Jahrgang 2021 stellt an der Rhône zweifellos einen Einschnitt in der Reihe der heißen, trockenen, mediterranen Jahrgänge dar, wie wir sie spätestens seit 2015 durchweg erlebt haben. 2021 erinnert viele Winzer im Rhônetal gar an die »guten alten Zeiten« vor 20, 30 Jahren – späte Lese, hohe Säurewerte und eine Phenolik wie es sie zuletzt in den 90ern gab. Ein Jahrgang der großen Emotionen, ein ständiges auf und ab der Gefühle: Die extreme Frostepisode vom 7. bis 9. April mit Temperaturen von teilweise fast -10°C betraf fast alle französischen Weinbaugebiete. Teilweise sorgte der Frost für einen kompletten Ernteausfall. Drei Wochen lang regte sich gar nichts in den Weinbergen des Rhônetals. Wie durch ein Wunder trieben viele Reben doch noch aus, aber nicht ohne Folgen: Die eiskalten Nächte brachten die Natur aus dem Gleichgewicht, der Wiederaustrieb verlief geradezu anarchisch, die Arbeit im Weinberg war extrem anspruchsvoll und verlangte den Winzerinnen und Winzern alles ab. Die wohltuenden Regenfälle während des gesamten Vegetationszyklus, die gemäßigten Temperaturen im Sommer und der goldene Herbst sorgten für ein großes Durchatmen. Am Ende wird 2021 nicht nur als Jahrgang der plötzlichen Wiedergeburt der Klassik, der Feinheit und Eleganz in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des immensen Aufwands – nur, wer 2021 alles gegeben hat, wurde am Ende mit ultrafeinen Weinen belohnt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr im Glas hatten. An der südlichen Rhône ist 2021 ein Jahr der puren Trinkfreude. Alles ist sofort da, offen und so unglaublich fein. Die Alkoholgrade liegen rund 1,5 Prozent unter denen der vergangenen Jahrgänge. Sowohl die Weißen als auch die Roten sind hervorragend balanciert und bestechen mit guten Säurewerten und hoher Frische. Die Weine sind hocharomatisch, die Frucht ist schmeichelhaft und fast schon spielerisch-abgehoben. Eine Grenache voll auf der Pinot-Spur – wann gab es das zuletzt?! Die nördliche Rhône bringt 2021 einen Stil, den dort viele für nicht mehr möglich hielten: Extrem fein und verspielt, fast schon schwebend und mit einer genialen Frische ausgestattet. Ein Jahr für große Weißweine mit strahlender Aromatik und hervorragender Lagerfähigkeit, ein Jahr für herrlich klassische, stilvolle, delikate Rotweine mit betörend ätherischen Noten von Pfeffer und Veilchen und ultrafeiner, aber aufregender Tanninstruktur. All in all ist 2021 an der Rhône ein Jahr für Finessetrinker, für Liebhaber der Feinheit, der Frische und der Eleganz. Lange hat man sich nach solchen klassischen Jahren gesehnt. Aber klassisch mit einem genialen Twist, denn am Ende vereint 2021 mit seiner schlanken, hochfeinen Art und der genialen Duftigkeit und Aromatik das Beste von damals und heute. »Zurück in die Zukunft!« – das beschreibt diesen aufregenden Rhône-Jahrgang wohl letztlich am besten.

Mein Winzer

Dard et Ribo

René-Jean Dard und Francois Ribo sind so etwas wie die „unfreiwilligen“ Natural Wine Rockstars der nördlichen Rhône. Unfreiwillig, weil die beiden seit den 1980er Jahren schon minimal-invasiven Wein möglichst ohne Zusätze oder önologische Eingriffe herstellen.

Saint-Joseph Rouge 2021