Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs 2022

Emrich Schönleber: Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs 2022

VDP

Zum Winzer

97–100
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2027–2051
Verpackt in: 6er
9
frische Säure
mineralisch
voll & rund
3
Lobenberg: 97–100/100
Lobenberg in Wiesbaden: 98–100/100
Suckling: 98/100
6
Deutschland, Nahe
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs 2022

97–100
/100

Lobenberg: Das Frühlingsplätzchen steht auf rotem Schiefer (hoch verdichteter, gepresster Ton), Blauschiefer (Kupfer) und Quarzit. Es ist nicht so karg und steil wie der Halenberg, hat aber auch etwas mehr Wasserhaltefähigkeit an vielen Stellen, das ist natürlich ein Plus in einem supertrockenen Jahr wie 2022. Wie immer nur kurze Maischestandzeit. Dann abpressen und spontan vergären im Holz. Der Ausbau geschieht auf der Vollhefe bis zur Abfüllung im Sommer. Ansonsten ruhen die GGs bei Schönleber unberührt im Fass. Ausbau im gebrauchten großen Holz, vom Stückfass zu 1200 Liter bis hin zu 3000 Liter. Einige sind mehrere Jahrzehnte alt. Und diese Ruhe des langsamen Ausbaus im großen Holz überträgt sich auf den Wein. Schönlebers Weine eröffnen in der Regel karg und steinig, entfalten sich langsam mit Reife und Luft, spannen dann aber nicht selten ungeahnte Dimensionen auf. Ich vermute, das wird mit dem berauschenden 2022er nicht anders sein, der allerdings schon inital etwas mehr hergibt als im Vorjahr. Eine druckvolle, intensive Nase mit roter und weißer Johannisbeere, Frühlingsblumen, Pollen, Orangenschale und Grapefruit. Wie schon gesagt, das Frühlingsplätzchen steht auf rotem Schiefer und hat einen etwas höheren Lehmanteil als der Halenberg. Das zeigt sich in 2022 verblüffend deutlich, denn zum einen sind wir hier viel expressiver als im ruhigeren Halenberg und zum anderen strahlt schon der Duft ungleich mehr Druck und Bumms aus. Auch Roiboostee und Lavendel, betörend aromatisch, aber dabei eines nicht: warm! Er ist zwar mediterran in seiner südeuropäischen Zitrusfruchtauslegung mit Mandarine, Grapefruit und Orange, aber bleibt dabei in total klarer und fokussierter Ausrichtung. Es gibt hier nichts, das auch nur annähernd ausufernd wäre oder in die Breite liefe. Im Mund setzt sich der Eindruck der Nase fort, denn das Frühlingsplätzchen ist explosiver, druckvoller in der Säurespur und der Muschelschalensalzspur, die sich nachhaltig über die Zunge zieht. Wow, was für ein pikanter, ja berauschender Antritt im Mund. Salz, Stein, warme Zitrsfrucht, mediterrane Kräuter, alles zieht an den Papillen, straff und fokussiert ins aufregend-pikante Finale schießend. Was für eine Würze und Salzigkeit das Frühlingslätzchen dieses Jahr hat! Wow! Für mich das beste Frühlingsplätzchen seit 2019, Druck, Mineralbiss, eine straffe Textur und dennoch dieser verspielt Twist zur südlichen Frucht, das ist schon eine Weltklassemischung, die man nicht alle Jahre findet. Chapeau, Frank, man kann in diesem Jahr aktuell kaum sagen, welches das faszinierendere GG ist, weil beide so unglaublich unterschiedlich sind in ihrer Auslegung. Wir haben einerseits dieses mitreißende, hedonistische Frühlingsplätzchen und auf der anderen Seite die totale Abgehobenheit des Halenberg. Superb ist das Frühlingsplätzchen 2022 auf jeden Fall! 97-100/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

98–100
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Lobenberg in Wiesbaden über: Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs

-- Lobenberg in Wiesbaden: Schönlebers Frühlingsplätzchen GG 22 zieht den Verkoster fast magisch insGlas! Berauschend wollüstig duftend, schmelzig im fruchtig-steinigen Mund voller Saft und Intensität. Eine vollmundige Schönheit der charmanten Extraklasse. Feminin und üppig. 98-100/100

98
/100

Suckling über: Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs

-- Suckling: One of the stars of the vintage in the Nahe! Cool and uplifting with a wealth of fresh and dried herbs and the whole spectrum of citrus. Powerful and compact on the palate which has breathtaking herbal and mineral intensity. Expands and expands at the super-long finish. Excellent aging potential, but you can drink it from release. 98/100

Mein Winzer

Emrich Schönleber

Im Auf und Ab der Weingeschichte genossen die Steilhänge der Nahe Anfang des 19. Jahrhunderts schon einmal allerhöchstes Ansehen. Auch Johann Wolfgang von Goethe hielt das allgegenwärtige Lob in seinen Notizen fest: »Nun rühmte die Gesellschaft einen in ihrer Gegend wachsenden Wein, den Monzinger...

Riesling Frühlingsplätzchen Großes Gewächs 2022