Lobenberg: Der Trinkaus ist eine Ikone des Sattlerhofs – und 2022 bestätigt diesen Status wieder einmal mühelos. Der Jahrgang war in der Südsteiermark warm, sonnenreich und trocken, zugleich aber geprägt von kühlen Nächten, besonders rund um Gamlitz. Ein Klima, das reife, druckvolle Trauben ermöglicht, ohne die klassische steirische Frische einzubüßen. Genau das spiegelt der 2022er eindrucksvoll wider: etwas voller, gelbfruchtiger und intensiver als 2021, aber mit derselben kristallinen Präzision, die diese Riede so legendär macht. Die Parzelle liegt auf knapp 500 m Höhe am obersten Kranachberg, ein amphitheatralisch geöffneter Südhang mit perfekter Luftzirkulation aus dem Kranachtal. Die Nächte kühlen trotz Wärme am Tag schnell ab, und die alten Rebstöcke auf kargem, quarzhaltigem Boden liefern winzige, hochkonzentrierte Beeren. Ein Terroir, das zu den spannendsten der Steiermark zählt. Der 2022er zeigt sich, wie jeder große Trinkaus, in seiner Jugend zunächst verhalten. Dann öffnet er sich Schicht um Schicht: nasser Stein nach Sommerregen, feinrauchige Reduktion, ein Hauch Feuerstein. Mit Luft kommt die typische gelbe Frucht klarer zum Vorschein: gelbe Grapefruit, Marille, weiße Johannisbeere, Birne, dazu etwas gelbe Kiwi und eine zarte Spur Kumquat. Tabakige Würze, Zitronengras und helle Kräuter setzen Akzente. Eine enorme Ausgeglichenheit, wie man sie aus großen Jahren wie 2019 kennt – nur wirkt 2022 etwas intensiver und tiefer. Am Gaumen dann das volle Trinkaus-Programm: zupackend, griffig, mit einer kalkig-salzigen Mineralität, die sofort Fahrt aufnimmt. Reife Zitrone, Marille, Pomelo und Cassis – alles glasklar, nichts laut. Ein leicht herber, animierender Zug im Mittelgaumen, dazu grünliche Walnuss und eine eindrucksvolle Kräuterwürze, mehr Gartenkräuter als mediterrane. Die Säure ist perfekt integriert: frisch, präsent, aber niemals spitz. Ein feiner, nobler Tanningrip haftet an den Zungenrändern, was dem Wein Struktur und zusätzliche Länge verleiht. Das Finale ist gigantisch: salzig, zitrisch, tief mineralisch, mit einem langen gelbfruchtigen Nachhall. Ein Sauvignon Blanc von absolut eigenständigem Charakter – fern jeder Loire-Kopie, voll und ganz Steiermark. Ein großer, monumentaler Trinkaus mit immensem Entwicklungspotenzial.