
Markus Molitor: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Weiße Kapsel (Beton-Ei) 2022
- Riesling 100%
- weiß, trocken
- 12,0% Vol.
- Trinkreife: 2030–2062
- voll & rund
- frische Säure
- mineralisch
- Lobenberg: 97–100/100
- Parker: 98/100
- Suckling: 98/100
- Deutschland, Mosel Saar Ruwer
- Allergene: Sulfite,
Abfüller / Importeur: Markus Molitor, Haus Klosterberg, 54470 Bernkastel-Wehlen, DEUTSCHLAND

Heiner Lobenberg über:
Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Weiße Kapsel (Beton-Ei) 2022
/100
Lobenberg: In 2021 hatte Markus Molitor sich erstmals entschlossen seine besten Auslesen*** Weiße Kapseln jeweils wie üblich im Holzfass als auch in Amphore und Beton-Ei auszubauen und singulär abzufüllen. Er hat schon eine Weile mit verschiedenen Gebinden experimentiert, einfach weil ihn die so unterschiedliche Ausprägung bei gleichem Lagencharakter reizt. Zudem ist er natürlich ein Virtuose mit dem Holzfass, die Cremigkeit und Power, die er den Weinen dadurch mitgibt, ist einmalig an der Mosel. Diese Komponente entfällt nahezu komplett, wenn man in ein Beton-Ei geht. Das ist die völlig Hinwendung zur Puristik, nur Traube, nur Boden, nur Gestein. Es gibt hier keinerlei Nebengeräusche und Zusätze vom Holzausbau, sondern nur den möglichst puren, kargen Bodenausdruck. Das fasziniert auch Markus selbst, obwohl er mit seinem gekonnten Holzeinsatz den Weinen so unglaublich viel gibt. Dennoch ist diese Beton-Version ein völlig anderes Thema, nicht besser oder schlechter, einfach völlig anders. Qualitativ das identische Traubenmaterial, aber eben nur ein einziges Ei von rund 800 Litern. Entsprechend gibt es nur etwa 1000 Flaschen von diesem raren Stoff, das erklärt auch den viel höheren Preis zu den anderen Auslese***. Es gibt in 2022 allerdings keine Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** aus dem Holz, da die Traubenqualität in der absoluten Spitze an der Mosel nur so eine winzige Menge hergab, dass sie komplett ins Beton ging. Mehr war einfach nicht drin, dafür fehlte dem Jahrgang durch die Trockenheit in der Breite einfach etwas Power und Mostgewicht. Hier haben wir die Power, aber in ihrer puristischen Form. In einer Form wie es sie bei Molitor so nie gab, weil wir weg gehen von dieser reichen Cremigkeit, diesem burgundischen, was ihn so sehr auszeichnet und hingehen zur totalen Klarheit und den absoluten Fokus auf den Boden. Die Nase ist pures Gestein, Meeresbrise, Salz, warmer und kalter Rauch. Markus hat die Mosel nach Pouilly-Fumé verlegt, Rauch, Gestein, Salz, Algen. Es gibt nahezu keine Frucht in diesem Wein. Ein ultrapuristischer Laserstrahl von einem Moselriesling. Gestein fräst sich über die Zunge. Die Variante aus der Amphore zeigt viel mehr Frucht, Textur, geht mehr in die Breite. Das Beton-Ei ist für absolute Mosel-Puristen, die Kargheit des Bodens in Reinform. Das ist absoluter Freakstoff in seiner ungeschminkten Form. 97-100/100
Jahrgangsbericht
All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

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Parker über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Weiße Kapsel (Beton-Ei)
-- Parker: Aged in a concrete egg, the 2022 Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** (White Capsule / Concrete Egg) is pure, refined and elegant on the intense yet elegantly aromatic and refined nose. Full-bodied, very dense, tight yet finely juicy and very elegant on the palate, this is a rich, intense and powerful yet also finessed, tensioned, firmly structured and stimulatingly saline Riesling of remarkable elegance and textural power. It has an elegant, grapefruit-bitter finish. 12% stated alcohol. Natural cork. Tasted at the domaine in August 2024 from AP 40 23.

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Suckling über: Riesling Zeltinger Sonnenuhr Auslese *** Weiße Kapsel (Beton-Ei)
-- Suckling: Great tension between richness and structure! As concentrated as it is exciting this is a radical full-bodied dry riesling. This really needs aeration to pull out the aromatic complexity (Amalfi lemon and stone fruit), yet it remains very cool and focused through the extremely long finish. Built for the long term this deserves decanting and needs large glasses. Fermented and matured in a concrete egg. Limited production. Drink or hold. 98/100
Markus Molitor
Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.
