Lobenberg: Obwohl es mit dem Jahrgang 2024 auch GGs im Hause Molitor gibt, bleiben die *** mit drei Sternen darüber noch bestehen. Die GGs ersetzen quasi die Zwei-Sterne-Auslesen. Eine trockene *** gibt es nur alle paar Jahre mal, aber 2024 war Wehlen wirklich wunderbar, auch in der Spätlese war das schon so. Also nun die *** vom Obermeister der burgundischen Mosel-Riesling-Ausprägung, Markus Molitor. Und nach den GGs kommend, wird es hier vor allem eines: noch intensiver, noch konzentrierter, noch beeindruckender. Das trockene Treppchen *** ist so ein bisschen ein Grenzgänger im Keller gewesen im Jahr 2024 – es ist nur ein einziges Fass von 300 Litern, mehr war in dieser Qualität nicht drin. Aber es hat sich so sagenhaft entwickelt, dass Molitor es auf jeden Fall separat abfüllen wollte. Es wäre viel zu schade, diesen Hammerstoff zu verschneiden. Er schließt die grandiose Reihe neben Wehlen und Zeltingen Sonnenuhr dieses Jahr, mit einem ganz anderen Charakter. Als *** zeigt das Treppchen initial nur wenig Frucht, die Nase wird von rauchiger Reduktion durchzogen, Asphalt, schwarzer Tee, brodelnd und dunkel, fast geheimnisvoll. Er gibt noch nicht alles her. Wahnsinnig dicht verwoben und in sich ruhend. Am Gaumen folgt dann das Aha-Erlebnis! Salz und Stein überschlagen sich, so intensiv, dass sich die Zunge rollt und die Augen schmal werden. Rote Zitrusfrucht mit rauchiger Würze, Nelke, Piment, etwas Chilischärfe hintenraus, auch roter Weinbergspfirsich. Läuft kanalisiert wie mit Scheuklappen ins würzig-pikante Finale, ultrafokussiert, kennt nur geradeaus. Das ist in seiner dunklen Mineralität und diesem immensen steinigen Druck und der Reduktion irgendwo zwischen Zeltingen und Brauneberg angesiedelt und doch wieder ein ganz eigener Typ. Ein außergewöhnliches Fass! Ich verstehe sehr gut, warum Markus es unbedingt behalten wollte.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!