Georg Breuer: Spätburgunder - Pinot Noir 2022

Georg Breuer: Spätburgunder - Pinot Noir 2022

Spätburgunder 100%
rot, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2042
pikant & würzig
fruchtbetont
saftig
Lobenberg: 94/100
Parker: 92/100
Deutschland, Rheingau
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder - Pinot Noir 2022

94
/100

Lobenberg: Die Trauben wachsen nur im Rüdesheimer und Lorcher Berglagen, überwiegend Rottland und Schlossberg, auch Pfaffenwies. Französische Genetik, vor rund 20 Jahren gepflanzt. Hier steckt also alles vom Besten mit drin. Relativ kurze Maischezeit von nur einer Woche, komplett entrappt, restliche Gärung im Edelstahl für rund einen Monat und Ausbau dann in kleineren Holzfässern verschiedener Größen, sowohl französische als auch deutsche. Tendenziell eher früh gelesen. Sehr würzige Nase mit sehr intensiver, brutal dichter Frucht. Wollüstige reife Kirsche, ein bisschen schwarzer und roter Pfeffer. Viel Energie und Saftigkeit im Mund, die Säure und Vibration der schiefrigen Böden kommt voll durch. Salzig, griffig, herbsaftige Schwarzkirsche, Kakaopulver, Lorbeerblatt. Tannine sind sehr fein und durch die zurückhaltende Vinfikation eher hintergründig gehalten. Wow, das ist schon unglaublich intensiv, ein richtiger Blockbuster, der aber in Theresas Händen natürlich dennoch so fein und spannungsgeladen wie möglich gehalten ist.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

92
/100

Parker über: Spätburgunder - Pinot Noir

-- Parker: Sourced in the Lorcher Schlossberg and the Rüdesheim Berg Schlossberg, the 2022 Spätburgunder Pinot Noir is deep, pure and intense on the slightly reductive and wonderfully pure on the elegant and flinty nose. Silky, intense and harmonious on the palate, with well-balanced, silky-textured and tart sour cherry and dark berry fruit and very delicate tannins, this is an intense and charming Pinot Noir that is predominantly based on 30-year-old vines with Pinot clones from Burgundy. 12% stated alcohol. Diam 10 cork. Tasted in August 2024.

Mein Winzer

Georg Breuer

Bernhard Breuer zählte zu den ganz großen Vordenkern des Deutschen Weinbaus. Das eigentliche Ausmaß seines Wirkens zeigt sich erst eine Generation später. Breuer war einer, der für Deutschlands Weine lebte und deren Potenzial frühzeitig erkannte.

Spätburgunder - Pinot Noir 2022