Lobenberg: Ein im wörtlichen Sinne »brandneues« GG bei Philipp Wittmann – 2024 ist der erste Jahrgang für das GG aus der Kernparzelle im Gundersheimer Höllenbrand. Das GG wächst direkt an der Grenze zum Morstein in der Hangmitte, ist aber noch etwas kühler exponiert. Die Trauben gingen zuvor in den Gundersheimer aus Ersten Lagen, aber dieses Jahr war das Material so gut, dass Philipp ihn zum GG aufgestuft hat. Eine Große Lage ist es ohnehin schon immer gewesen, nur er hat freiwillig abgestuft, weil ihm der letzte Kick gefehlt hat, den 2024 jetzt ins Glas bringt. Die Lage liegt westlich vom Morstein, hier findet man löss- und lehmhaltige Böden mit Kalkstein. Gundersheim ist generell kühler, spätreifender als Westhofen. Es sind die kühlsten Parzellen des Weingutes. Spontane Vergärung und Ausbau in Stückfässern. Philipp Wittmann: »Ich glaube, dass 2024 extrem mineralisch aufgeladen ist, auch wenn der Begriff inflationär verwendet wurde in den letzten Jahren. Aber es war genug Wasserversorgung da, sodass da in den Trauben schon sehr viel Extrakt aufgebaut wurde. Die Weine haben mich in der Jungwein-Probe sehr an die Weine meines Vaters der besten Jahrgänge der 1990er Jahre erinnert. Diese Schlankheit und Kühle hatten wir schon lange nicht mehr.« Man spürt die Reife aus den Großen Lagen, aber es ist dennoch der feinere und kühlere Wein nach dem 2023er. Wir gehen weg von der überschwänglichen Frucht und hin zu mehr Gesteinsausdruck, zu einer Riesling-Puristik, wie wir sie länger nicht mehr hatten. 2021 war ähnlich, aber grüner und schärfer. 2024 ist schon reif und hat Substanz, das Ganze aber eben mit sehr viel Finesse und einer gewissen Kargheit, die ich sehr ansprechend finde. Es ist von der Bodenstruktur sehr vergleichbar mit dem Morstein, nur eben etwas kühler. Das ist sozusagen eine etwas schlankere Morstein-Version, mit genauso puristischem Mineralausdruck. Es sind auch etwas jüngere Reben als im Morstein und Brunnenhäuschen. Schon in der Nase ist das ein puristischer Kalksteinsaft, ein feinster Laserstrahl, nur geradeaus. Das Berauschendste an diesem Höllenbrand ist seine Salzigkeit, der griffige Umami-Touch im Kern, wilder und vibrierender als die anderen GGs des Hauses. Der Stoff hat richtig Drive, explosive Kalkstein-Energie. Irre! Ich liebte schon den Gundersheimer seit Jahren, entsprechend bin ich mehr als happy, dass er jetzt mit dem GG seine Krönung bekommt. Rarer Stoff, es gibt nur ein einziges Stückfass in der Qualität…
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!