Tibaldi: Barbera d’Alba 2022

Tibaldi: Barbera d’Alba 2022

Barbera 100%
rot, trocken
13,5% Vol.
Trinkreife: 2024–2030
fruchtbetont
saftig
Lobenberg: 92/100
Jancis Robinson: 17/20
Italien, Piemont
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Barbera d’Alba 2022

92
/100

Lobenberg: Diese Barbera kommt aus der Einzellage »Costa Anforiano« im Ort Santa Vittoria. Kalkhaltige Lehmböden tragen zu der Spannung und Präzision des Weins bei, denn Kalkboden führt immer zu einer guten, knackigen Säure. Die Trauben dieser Lage werden recht spät gelesen und die Frische im Mund wird mit reifen Kirsch- und Beerenaromen ausgeglichen. 20 Tage auf den Traubenschalen mazeriert und anschließend im Stahltank vergoren und ausgebaut. Tiefes Rubinrot mit Violett. In der Nase ist der Wein ultra aromatisch und floral mit Veilchen, Lavendel, roten Kirschen und knackiger Waldbeerfrucht. Ein Hauch Marzipan und dunkle Gewürze mit etwas Graphit sind verwoben. Im Mund könnte diese Barbera nicht ausgewogener sein. Die Harmonie ist so wunderschön! Eine feine Haptik greift in die intensive frische Spannung und salzige Mineralität, die typisch für die Region Roero ist, aber die man von einem heißen Jahrgang so gar nicht erwartet hätte. Saftige Kirsche, rote Johannisbeere und Cranberry mit Bitterschokolade und Nelken. Auch etwas gerade reif gewordene Brombeere, mehr Schwarzkirsche und Würze. Das ist ein toller Trinkwein, ohne dabei einfach zu sein. Er ist saftig und dabei auch dunkel-mineralisch. Ich mag ihn sehr gerne leicht gekühlt.

Jahrgangsbericht

2022 war in ganz Europa ein von Hitze und Trockenheit geprägter Jahrgang. Im Piemont fiel bereits im Winter 2021 kaum Schnee, und es regnete lediglich im Mai und dann wieder im August in sehr kleinen Mengen, was ein wenig zur Erleichterung der Reben beitrug. Vom Austrieb bis zur Lese verlief die Wachstumsperiode ungefähr zwei bis drei Wochen früher als im Durchschnitt. Dieses Jahr war also von extremem Wetter gezeichnet, aber glücklicherweise war es sehr regelmäßig und konstant heiß und trocken – vom Austrieb bis zur Weinlese während des »Indian Summer« – und es gab keine Hitzespitzen. Da die Trockenheit nicht plötzlich eintrat, bildeten die Reben dementsprechend kleinere Blätter und weniger Trauben aus. Vielleicht kamen sie deshalb so erstaunlich gut mit diesen erschwerten Bedingungen klar, weil sie sich seit dem Frühling langsam an diese Situation »gewöhnen« konnten.2022 kann unmöglich generalisiert werden, und jeder Wein verdient es, einzeln betrachtet zu werden. Die etwas kühleren Höhenlagen im Piemont sind häufig auch von durchlässigeren Böden geprägt und dieses Jahr aufgrund der Trockenheit deshalb nicht automatisch besser. So sind 2022 ton- und lehmhaltige Böden mit besserem Wasserhaltevermögen deutlich vorteilhafter als sandigere. Die sonst »besten« Cru-Lagen zeichnen sich durch ihre besonders »perfekte« Ausrichtung zur Sonne und somit noch wärmeren Temperaturen aus. Auch das Alter der Reben und die Herangehensweise jedes Weinguts in den Weinbergen konnte einen entscheidenden Unterschied machen. Wurde durch sanftes Entblättern der Sonnenschutz gewährleistet und die Böden nicht unnötig durch Pflügen geöffnet, was zum stärkeren Verdunsten von Wasser führt, hatten es die Reben bedeutend leichter. Aufgrund der Trockenheit bestand kein Krankheitsdruck, es gab weder Pilzkrankheiten noch Fäulnis, was die Arbeit während der Wachstumsperiode auch erleichterte. In Summe brachten die berühmtesten Lagen 2022 nicht automatisch die besten Weine hervor, wohl aber die kühleren und lehmigeren Böden mit gutem Wasserspeicher der »alten« Terroirs aus Castiglione, Serralunga und Monforte d’Alba, teilweise auch Verduno. 2022 ist laut Aussage von Luca Currado-Vietti vom qualitativen Potenzial her riesig, im Ergebnis aber wegen zweier fehlender Regenschauer im August und September und zwei Grad zu hoher Spitzentemperatur haarscharf unterhalb eines Jahrhundertjahrgangs hängen geblieben. Die Winzer, die viel Zeit in die Weinberge investierten und zudem bereits vor oder bei der Lese gnadenlos aussortiert haben, brachten die beeindruckendsten Weine hervor. Was nicht perfekt oder gar vertrocknet war, gelangte gar nicht erst in den Gärtank. Im Durchschnitt bedeutet das 15 bis 40 Prozent kleine Erträge gesunder und konzentrierter Trauben. Im Keller musste aufgrund des höheren Verhältnisses von Traubenschalen zum Saft sanft extrahiert werden; der Ausbau erfolgte oft ein paar Monate kürzer als sonst und somit etwas reduktiver, um die Frische der Weine zu bewahren.Der Jahrgang 2022 hat einen wunderbaren »Überraschungseffekt«, denn wer überreife Weine erwartet hat, wird das Gegenteil im Glas finden! Die Trockenheit bremste. Aber seit im Jahrgang 2003 ebenfalls Hitze auf Trockenheit traf, haben die Winzer viel dazu gelernt. Was bereits bei den Bordeaux Primeur Proben des Jahrgangs 2022 deutlich wurde, stimmt auch im Piemont: In der Spitze kann 2022 enorm was! Die Weine sind so konzentriert wie 2017, aber mit deutlich mehr Frische ausgestattet. Aromatisch sind sie herrlich intensiv und bereit, eine unwiderstehliche Performance abzuliefern. Die Struktur der Tannine hängt dabei von den oben genannten Faktoren ab. Es gibt strukturiertere Weine, die aber durch ihre Fruchtbalance dennoch meist durchaus harmonisch sind. Ich versichere, dass mit Offenheit ausgestattete Nebbiolo-Liebhaber dieses Jahr mit der ein oder anderen Neuentdeckung belohnt werden, denn 2022 gibt es durchaus viele hervorragende und gar überragende Weine im Piemont, auch wenn 2021 sicher über alle Regionen gesehen harmonischer und gleichmäßiger in seiner Weltklasse rüberkam.

17
/20

Jancis Robinson über: Barbera d’Alba

-- Jancis Robinson: Mid crimson. Seductive cherry fruit, intensely and deliciously aromatic. I would dive on this at any time of the day (in moderation …). It's fresh, juicy and sufficiently structured to shape the bright fruit. Perfumed, long finish. GV (JH) 13.5%

Mein Winzer

Tibaldi

Bis die beiden Schwestern Monica und Daniela im Jahr 2014 die Cantina Tibaldi zu einem professionellen Weingut machten, war der Weinbau für ihre Familie nur Nebenerwerb gewesen.

Barbera d’Alba 2022