Proprieta Sperino: Rosa del Rosa 2023

Proprieta Sperino: Rosa del Rosa 2023

Nebbiolo 90%, Vespolina 10%
rosé, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2024–2034
unkonventionell
mineralisch
fruchtbetont
Lobenberg: 94/100
Falstaff zu 2022: 93/100
Italien, Piemont
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Rosa del Rosa 2023

94
/100

Lobenberg: Hört man Piemont, denkt man sofort an Barolo, Barbaresco und Langhe. Diese südlich gelegenen Regionen kennt jeder, die im Norden wie die Subregion Lessona sind hingegen kaum bekannt. Paolo De Marchi, Inhaber des Chianti Classico-Spitzen-Weinguts Isole e Olena und sein Sohn Luca sind jedoch auf dem besten Weg dies zu ändern. Mich hat er bereits auf ganzer Linie überzeugt. Dieser Rose ist definitiv der beste Rosé, den ich seit langem probieren durfte. Schon in der Nase strotzt er vor Aromendichte, geprägt von Walderdbeeren und Himbeeren. Auch ein bisschen Kirsche gefolgt von grüner Minze, Rosenblättern und Hibiskus. Alles leicht und schwebend bleibend, sehr aromatisch duftig, aber deutlich intensiver als die meisten anderen Roses. Zurückhaltend wäre genau das Gegenteil, aber auf keinen Fall zu üppig oder erschlagend, immer schwebt diese große Frische mit. Auch im Mund unglaublich vielschichtig und faszinierend, ein Erdbeer-Himbeer-Mix gepaart mit einer wunderbaren Salzigkeit. Etwas Blutorange kommt durch und am Rand etwas schwarzer Pfeffer. Eine leichte Cremigkeit und ein tolles Säurespiel mit einem mineralischen Schliff. Immer und immer wieder schmecke ich nach, es ist fast unheimlich, wie langanhaltend dieser fast salzige, mineralische Rose in seiner intensiven Aromatik ist. Absolut faszinierend, sicherlich DER Rose Italiens und auch entsprechend von Galloni 2019 zum besten Rosé des Landes gekürt, diesen Level hält man hier auch in den Folgejahren.

Jahrgangsbericht

2022 war in ganz Europa ein von Hitze und Trockenheit geprägter Jahrgang. Im Piemont fiel bereits im Winter 2021 kaum Schnee, und es regnete lediglich im Mai und dann wieder im August in sehr kleinen Mengen, was ein wenig zur Erleichterung der Reben beitrug. Vom Austrieb bis zur Lese verlief die Wachstumsperiode ungefähr zwei bis drei Wochen früher als im Durchschnitt. Dieses Jahr war also von extremem Wetter gezeichnet, aber glücklicherweise war es sehr regelmäßig und konstant heiß und trocken – vom Austrieb bis zur Weinlese während des »Indian Summer« – und es gab keine Hitzespitzen. Da die Trockenheit nicht plötzlich eintrat, bildeten die Reben dementsprechend kleinere Blätter und weniger Trauben aus. Vielleicht kamen sie deshalb so erstaunlich gut mit diesen erschwerten Bedingungen klar, weil sie sich seit dem Frühling langsam an diese Situation »gewöhnen« konnten.2022 kann unmöglich generalisiert werden, und jeder Wein verdient es, einzeln betrachtet zu werden. Die etwas kühleren Höhenlagen im Piemont sind häufig auch von durchlässigeren Böden geprägt und dieses Jahr aufgrund der Trockenheit deshalb nicht automatisch besser. So sind 2022 ton- und lehmhaltige Böden mit besserem Wasserhaltevermögen deutlich vorteilhafter als sandigere. Die sonst »besten« Cru-Lagen zeichnen sich durch ihre besonders »perfekte« Ausrichtung zur Sonne und somit noch wärmeren Temperaturen aus. Auch das Alter der Reben und die Herangehensweise jedes Weinguts in den Weinbergen konnte einen entscheidenden Unterschied machen. Wurde durch sanftes Entblättern der Sonnenschutz gewährleistet und die Böden nicht unnötig durch Pflügen geöffnet, was zum stärkeren Verdunsten von Wasser führt, hatten es die Reben bedeutend leichter. Aufgrund der Trockenheit bestand kein Krankheitsdruck, es gab weder Pilzkrankheiten noch Fäulnis, was die Arbeit während der Wachstumsperiode auch erleichterte. In Summe brachten die berühmtesten Lagen 2022 nicht automatisch die besten Weine hervor, wohl aber die kühleren und lehmigeren Böden mit gutem Wasserspeicher der »alten« Terroirs aus Castiglione, Serralunga und Monforte d’Alba, teilweise auch Verduno. 2022 ist laut Aussage von Luca Currado-Vietti vom qualitativen Potenzial her riesig, im Ergebnis aber wegen zweier fehlender Regenschauer im August und September und zwei Grad zu hoher Spitzentemperatur haarscharf unterhalb eines Jahrhundertjahrgangs hängen geblieben. Die Winzer, die viel Zeit in die Weinberge investierten und zudem bereits vor oder bei der Lese gnadenlos aussortiert haben, brachten die beeindruckendsten Weine hervor. Was nicht perfekt oder gar vertrocknet war, gelangte gar nicht erst in den Gärtank. Im Durchschnitt bedeutet das 15 bis 40 Prozent kleine Erträge gesunder und konzentrierter Trauben. Im Keller musste aufgrund des höheren Verhältnisses von Traubenschalen zum Saft sanft extrahiert werden; der Ausbau erfolgte oft ein paar Monate kürzer als sonst und somit etwas reduktiver, um die Frische der Weine zu bewahren.Der Jahrgang 2022 hat einen wunderbaren »Überraschungseffekt«, denn wer überreife Weine erwartet hat, wird das Gegenteil im Glas finden! Die Trockenheit bremste. Aber seit im Jahrgang 2003 ebenfalls Hitze auf Trockenheit traf, haben die Winzer viel dazu gelernt. Was bereits bei den Bordeaux Primeur Proben des Jahrgangs 2022 deutlich wurde, stimmt auch im Piemont: In der Spitze kann 2022 enorm was! Die Weine sind so konzentriert wie 2017, aber mit deutlich mehr Frische ausgestattet. Aromatisch sind sie herrlich intensiv und bereit, eine unwiderstehliche Performance abzuliefern. Die Struktur der Tannine hängt dabei von den oben genannten Faktoren ab. Es gibt strukturiertere Weine, die aber durch ihre Fruchtbalance dennoch meist durchaus harmonisch sind. Ich versichere, dass mit Offenheit ausgestattete Nebbiolo-Liebhaber dieses Jahr mit der ein oder anderen Neuentdeckung belohnt werden, denn 2022 gibt es durchaus viele hervorragende und gar überragende Weine im Piemont, auch wenn 2021 sicher über alle Regionen gesehen harmonischer und gleichmäßiger in seiner Weltklasse rüberkam.

Verkostungsnotiz
93
/100

Falstaff zu 2022 über: Rosa del Rosa

-- Falstaff zu 2022: Strahlendes Lachsrosa im Glas. Facettenreich im Duft, Waldbeeren, Kirschen, getrocknete Erdbeeren, Kräuterwürze, Minze, Salbei, florale Noten, Hibiskus, Rosenblätter. Am Gaumen saftig, klare rote Früchte, cremiger Kern umspielt von einer lebendigen Säure und Würze, salzig im langen Finish.

Mein Winzer

Proprieta Sperino

Lessona? Wer hat schon jemals von diesen Weinen gehört? Eigentlich niemand! Und das würde vermutlich auch so bleiben, bei den winzigen 30 Hektar Gesamtgröße dieser Appelation, wenn es nicht Paolo de Marchi gäbe.

Rosa del Rosa 2023