Lobenberg: Der Sekt von Odinstal ist immer etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil er prinzipiell ausschließlich in Magnum-Flaschen abgefüllt wird. Der Grundwein entsteht aus den alten Reben vom Schlossberg und einigen jüngeren Reben von Muschelkalkböden. Selbstverständlich Demeter-zertifizierte Weinbergsarbeit. Die hohe Lage über den Dächern Wachenheims und die kalkigen Böden machen das Terroir auf dem Odinstal für die Sekterzeugung nahezu optimal. Hier gibt es immer genug Säure, ohne dass extrem früh gelesen werden muss. Das erlaubt Spannung und gleichzeitig viel Frucht und Aroma. Nach der Spontangärung und der Malo wird der Grundwein unfiltriert und ohne Schwefelzugabe in die Flasche gefüllt. Natürlich handgerüttelt, wie ohnehin alles Handarbeit ist auf Odinstal. Nur wenn der Wein 30 Monate oder mehr auf der Hefe bleibt, schreibt das Weingut den Jahrgang mit auf die Flasche. Die Frucht ist etwas strahlender, präsenter im 2021er. Apfel und reife Zitrone, alles sehr kühl, sehr viel Melisse. Die Kräutrigkeit überwiegt, dazu diese ganz feine Hefeprägung. Das Traubenmaterial war makellos und somit kommt der Wein auch nach dem Degorgieren fast ohne Schwefelzusatz und komplett ohne Dosage aus. Der Wein wird jedes Jahr so wie er eben von selbst gerät, in seiner eigenen Balance. Was mir an diesem Sekt immer so unglaublich gut gefällt ist, dass er so ein ganz eindeutiger Odinstal ist. In der Nase die typischen, leicht oxidativ-funky Noten, aber dabei blitzsauber und unglaublich elegant. Gelber Apfel mit Mirabelle auf butterbestrichenem Sauerteigbrot. Sehr zupackende, geradlinige und kristalline Säurestruktur, die dem Wein eine grandiose Frische und Lebendigkeit verleiht. Das ist immer großer Stoff von diesem außergewöhnlichen Terroir über den Dächern der Pfalz, auch weil Betriebsleiter Andreas Schumann das minimal-invasive Weinmachen beherrscht wie nur wenige. Es gibt nur eine sehr limitierte Menge dieser ausschließlich in Magnum-Flaschen abgefüllten Naturschönheit. Genial!
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.