Lobenberg: Neustadt V von Müller-Catoir? Ja, richtig gelesen – ein Chardonnay. Und ja, es handelt sich hier um einen Wein aus der renommierten, wiederbelebten Lage Vogelsang. Oberhalb von Neustadt gelegen und unter unseren Kunden bereits bestens bekannt, nicht zuletzt wegen der großartigen Arbeit, die Familie Christmann hier in den vergangenen Jahren geleistet hat. Neben Riesling und Spätburgunder, haben die Catoirs hier auch Chardonnay gepflanzt. In der kargsten Parzelle im unteren Bereich der Lage, direkt unterhalb der Rieslingweinberge. Uralte Kalksteinböden, kühl und karg. Der Ausbau erfolgte komplett im gebrauchten Tonneau, überwiegend in Zweit- und Drittbelegung. Das Ergebnis ist ein Chardonnay, der sich nahtlos in den klaren, präzisen Stil des Hauses Catoir einfügt: In der Nase zunächst Muschelschale und Kreidestaub, frische Wiesenblüten, dann viel saftige, fleischige Zitrusfrucht, grüne Birne und gelber Apfel, auch Aprikose. Nur ganz dezent rauchige Feuersteinnoten mit einem feinen Hauch Walnuss. Sehr klar und äußerst fein gezeichnet. Im Mund zeigt der Chardonnay dann puren Lagencharakter. Voll auf brillanter Kalksteinmineralität laufend, sehr salzig und zupackend, mit einer durchdringenden, prägnanten Frische. Herbe Zitrusfrische, auch wieder leicht grüne Birne und ein bisschen Marille, aber sehr kompakt und geradeauslaufend. Immer wieder schwingt eine Salzigkeit mit, die sich feinkörnig auf die Zunge legt. Saftige, aber nicht übermäßig dominante Säure sorgt für einen schönen Zug, wirkt total animierend. Alles bleibt sehr hell in der Aromatik. Etwas Plattpfirsich, auch wieder hellfloral im Nachhall. Keine Spur von fetter Cremigkeit, dennoch haben wir hier einen zarten Schmelz im Finale. Dieser Wein ist ganz auf Finesse ausgelegt und auch wenn er deutliche Parallelen aufweist, ist er ist kein bloßes Abziehbild eines Chablis oder eines Burgunders von der Côte d'Or. Nein, dieser Chardonnay ist eine ganz eigene, höchst individuelle Interpretation eines Pfälzer Chardonnays aus dieser hochgelegenen und tradierten Lage. Er ist ein eigenständiger Terroir-Botschafter und ein ganz typischer als Müller-Catoir noch dazu. Ein tolles Debüt, wirklich fein!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!