Markus Molitor: Pinot Blanc Haus Klosterberg 2023

Markus Molitor: Pinot Blanc Haus Klosterberg 2023

Pinot Blanc 100%
weiß, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2033
fruchtbetont
Lobenberg: 92/100
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Pinot Blanc Haus Klosterberg 2023

92
/100

Lobenberg: Wer hätte vor 10 bis 15 Jahren gedacht, dass die Mosel zum Eldorado der Burgundersorten werden könnte? Auch bei den Einstiegsweinen mit so einer verblüffenden Frische und Aromatik, sowie gleichzeitig eine Hohe Reife. Man sagt zwar, dass die Burgundersorten besonders kalkaffin sind, aber der Schiefer gibt ihnen einen richtig spannenden Kick, eine gewisse Salzigkeit. Der Oszillograph zwischen Reife und Frische ist hier wirklich famos an der Mosel mittlerweile und so ist das auch bei diesem Einstiegs-Pinot-Blanc von Molitor. Der Wein wird aus eigenen Rebbeständen geerntet, ist eine Gutsabfüllung. Der Pinot Blanc wird zu rund 20 Prozent im Holz ausgebaut, was der charmanten Cremigkeit absolut zuträglich ist. 2023 hat etwas mehr Spritzigkeit als 2022, wie es mir scheint. Es ist einfach mehr im Fluss. Die Nase ist wunderbar animierend und freundlich, zeigt reife, europäische Frucht und keinerlei Extreme wie etwa 2021. Alles stimmt. Ein bisschen Birne mit Mirabelle und Minze obenrum, im Mund kommt ein bisschen Mandarine hinzu. Sehr lecker! Die Frische ist noch einen Touch höher als im Vorjahr, dennoch hat es denselben schönen Schmelz. In Summe der vielleicht noch komplettere Wein, auch wenn 2022 für die Burgunder grandios war. Ich kann mich kaum entscheiden, was ich lieber mag, aber 2023 hat eben noch dieses kleinen Kick mehr Elektrizität vielleicht. Es ist geschmacklich kein Holzeinfluss zu vernehmen, nur die cremige Fülle weist darauf hin. Dieser Pinot Blanc ist ein grandiose Vertreter des Jahrgangs und der Pinot-Sorten an der Mosel und in seinem Preisbereich quasi unschlagbar. Toller Wert! 92/100

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Markus Molitor

Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.

Pinot Blanc Haus Klosterberg 2023