Lobenberg: Diego Magana ist der Schüler und Ziehsohn von Raul Perez, jenem Unikat und Haudegen, der inzwischen berühmt geworden ist in Bierzo und auch in der Ribeira Sacra, wo er mit einem anderen ehemaligen Schüler Guimaro auch ein Weingut betreibt. Diego Magana hat ein kleines Projekt in der Rioja Alavesa, also im baskischen Teil der Rioja. Dieses winzige Projekt besteht nur aus zwei sehr kleinen Weinbergen in 600 Metern Höhenlage. Die Böden bestehen hier überwiegend aus Kalkstein mit etwas Lehm und zu einem sehr hohen Prozentsatz aus Quarzsand. Das ergibt einen Anteil von über 10 Prozent Aktivkalk im Gesamtgemisch. Die Weinberge liegen direkt am Fuß der Sierra-Cantabria-Berge. Also in etwa auf der Höhe von Remelluri und Artadi. Das Weingut selbst liegt aber näher bei Artadi, also direkt an Laguardia. Der Einstiegswein kommt von 60 Jahre alten Buschweinreben und besteht aus fünf kleinen Plots. Es gibt nur 8.000 Flaschen. Der Wein besteht aus Tempranillo, Graciano, Garnacha, Maturana, Viura und Malvasia. Also gemischter Satz mit ein bisschen Weißwein darin. Biologische Weinbergsarbeit, keine Herbizide und Pestizide, alles wird mit Pferden gepflügt, um die Böden nicht zu stark zu verdichten. Die Plots werden separat in kleinen offenen Holzgärständern und in offenen, senkrechtstehenden Tonneaux vinifiziert. Der Ausbau geschieht nur im Tonneau und im großen Holz. Der Alkoholgehalt liegt bei 13 Volumenprozent. Die Weine wurden im warmen Jahr 2018 recht spät gelesen: vom 15. bis zum 19. Oktober. Selbstverständlich Handlese. Dann extrem sorgfältige Entrappung. Später wird jedoch ein Teil reifer, brauner Rappen wieder zur Gärung gegeben. Die Nase belegt die Rappen schon im ersten Angang. Dazu schöne Orangenzesten. Große Frische. Die Böden enthalten Eisen, das merkt man durch den leichten Blut-Touch in der Nase ganz deutlich. Die würzige Graciano ist fast dominant, obwohl sie nur ein kleiner Bestandteil der Cuvée ist. Feine Schwarzkirsche, ein bisschen süße Kirsche dazu, Amarena und reife Zwetschge. Sehr pikanter Mund, großer Oszillograph. Eine wunderbare Frische aus Rappen und kühlen Nächten im Oktober wird unterlegt von allerfeinstem geschliffenen Tannin. Hier ist aber auch gar nichts grün, hier ist nichts rau. Alles ist seidig, verspielt und burgundisch. Nein, in seiner Fruchtigkeit eher noch erinnernd an einen Cru aus Moulin-à-Vent aus dem Beaujolais. Hintenraus wunderbar lang, mit einer wahnsinnigen Frische – da merkt man die Hochlagen, dieses Cool Climate. Auch bekommt diesen Weinen so extrem, dass sie kein kleines Barrique gesehen haben. Die Größe der Tonneaux ist eigentlich ziemlich perfekt. Hohe Intensität, aber gleichzeitig sehr geschmeidig, sehr delikat. Ein wirklich köstlicher Wein, mit einem wunderbaren Kern und einer wunderbaren Frische. Ein Kirsch-Zwetschgen-Konzentrat in der Mitte und ein langer salziger Nachhall. Das ist kein Riese, aber das ist für einen kleinen Wein ein großer Wein. Weil er alles hat, was einen perfekten Rioja auszeichnet. Eine extreme Schönheit mit einem intensiven Lecker-Gen. Fern der Moderne. Mir fehlt ein klein wenig die Assoziation an Rioja. Durch die Natürlichkeit des Weins und durch die enorme Frische gibt es keinen wirklichen Vergleich. Er könnte von der Philosophie am ehesten von Telmo Rodriguez kommen, aber um es dem Trinker zu erleichtern, hat er auch eine große Assoziation an einen Passetoutgrain, also an eine Komposition aus Pinot Noir mit einem Schuss Gamay. Auf jeden Fall spannend, große Freude! 93-94/100