Lobenberg: Cépage 2019: 65 Prozent Merlot, 15 Prozent Cabernet Franc und 15 Prozent Cabernet Sauvignon. Der Alkohol liegt bei wie in Vorjahren nahe 15 Volumenprozent. Doch wie schon 2018 ist dieser Alkoholgehalt in der Verkostung nicht spürbar. Die Frische ist einfach zu groß, der pH-Wert liegt bei 3,6, was auf eine sehr lebendige Frische schließen lässt. Auch wenn der Säuregehalt nicht besonders hoch ist – durch diesen relativ niedrigen pH-Wert ist die Frische in jedem Fall voll erhalten. Der Jahrgang war insgesamt sehr trocken, wie überall in Bordeaux. Moulin Haut Laroque profitiert von dem durchschnittlichen Rebalter von fast 60 Jahren, mit tiefen Wurzeln, und von dem relativ hohen Lehmanteil im Boden, der die Wasserspeicherung begünstigt. Moulin Haut Laroque wird von Jahr zu Jahr besser, denn diese Böden und das Terroir ist bei kühlen und nassen Jahrgängen eher nachteilig. Was wir in den letzten Jahren an mediterranen Einflüssen erleben, bringt MHL aber in völlig ungeahnte Höhen. Das Weingut liegt auf der Kuppe in Fronsac, in Saillans. In diesem Ort liegen alle Stars des Fronsac. Hier findet man weißen und blauen Lehm sowie Magnesium, alles über purem Kalkstein. Die Nase kommt vordergründig mit satter schwarzer Kirsche, Schokolade, Blaubeere und Maulbeere daher. Gleichzeitig wird sie von einer frischen roten Frucht unterlegt: Schlehe, rote Johannisbeere, etwas Sanddorn und Sauerkirsche. Ich hätte von den Rahmenbedingungen mehr schwülstige Üppigkeit erwartet, aber wie der Winzer Thomas Herve angedeutet hat: Der relativ niedrige pH-Wert führt in jeder Form zu großer Frische. Ganz würzige Eukalyptus-Minze-Nase mit immenser Beerenfurcht und Garrigue-Würze. Ein opulenter, reicher, reifer Zwetschgenmund. Konzentrierte Zwetschge, aber trotzdem keine reife dunkle Pflaume, sondern so, als hätte man diese frische Zwetschge überkonzentriert. Das ist so dicht, so pikant, so intensiv. Eine Kreuzung aus Pomerol und der frischen roten Frucht eines Saint Julien. Dabei langanhaltend, gar nicht endend wollend. Fast dramatisch lecker in dieser pikanten Art. Salzigkeit, Säure, Frische und trotzdem üppig süße Frucht. Wow – das ist so lecker und trotzdem überhaupt nicht vordergründig. Der Wein hallt lange nach und rollt immer wieder hoch. Ich glaube diesen 2019er muss man ob seiner Gesamtstruktur durchaus lange weglegen, auch wenn er schon in der Fassprobe überwältigend ist. Die Kombination dieser immensen Würze mit den satten aber total balancierten seidigen Tanninen und hohem Alkohol lässt mich daran glauben, dass der Wein in 20 bis 30 Jahren viele schlagen wird, die höher klassifiziert sind. Großer, individueller Stoff. Das Faszinierende: Wir haben eine Serie von grandiosen Weinen hier auf Moulin Haut Laroque. Von allen – und das war damals nicht erwartet – ist 2015 vielleicht der Einfachste aus der Serie auf dem Level von 2010. 2016 ist der große Quantensprung, archetypisch, ein ganz großer Wein, ein Star! 2018 ist ein kleines Monster wie 1989 und 2009, und 2019 steht diesem in der Intensität in keinem Fall nach, auch nicht in der Alterungsfähigkeit. Dabei ist er pikanter, individueller und fast intensiver in der süßen roten Frucht. Nein, 2019 ist nicht besser als 2018, 2019 ist anders, aber auf dem gleichen Level. 2016, 18 und 19 sind gut für 40-60 Jahre oder gar mehr. Ich habe hier schon so viele sensationelle alte Weine probieren dürfen, diese 3 Jahrgänge gehören dereinst zu den Stars in Altweinverkostungen. Toller Stoff! 96-97+/100