Lobenberg: Hier gehen nur Reben aus selbst gepflanzter Selection Massale von hundertjährigen, alten Mosel-Rieslingstöcken. Zusammen mit der Hochschule Geisenheim haben Loewens in den 1990er Jahren angefangen die besten 80 bis 100-jährigen Stöcke zu selektieren und nur noch bunt gemischtes, altes Mosel-Rebmaterial nachzupflanzen. Der Quant und der Varidor stammen zwar aus jüngeren Reben, aber aus diesen extrem hochwertigen Selektion Massale-Reben. Das ist schon ein Hammer für diese sehr preiswerten Gutsweine. Der Wein stammt aus besten Lagen in Leiwen, Detzem, Longuich und Lorch. Somit eigentlich schon fast an einen Ortswein heranreichend, obwohl er eigentlich den Gutswein darstellt. Komplett auf Devonschiefer gewachsen, alles spontan vergoren. Seit den 1990er Jahren wird hier spontan vergoren. Der Varidor stammt aus einer vor 25 Jahren neugepflanzten Selektion Massale aus alten Reben der Laurentius Lay und den 1896 gepflanzten Reben im Herrenberg. Selektiert wurde sehr penibel nach Reife, Vitalität und anderen qualitativen Merkmalen. Man verfeinert hier weiter den Rebbestand aus diesen alten, allerbesten Reben des Weingutes. Man möchte keine uniformen Klone bei Loewen. Das Besondere ist auch, dass dieser Varidor (steht für Variation d’Or, also Variation der goldenen Beeren) komplett gleichzeitig geerntet wird, das heißt wir haben durch die genetische Vielfalt eine bunte Mischung aus Trauben höherer Reife, höherer Säure, mehr und weniger Wüchsigkeit und so weiter, um die maximale Vielfalt aus mehr als 100 Jahren genetischem Rebenmaterial im Wein abbilden zu können. Dieser Wein kostet fast das gleiche wie der Gutswein Quandt. Und was ich schon beim Pinot Blanc bemerkte, trifft auch hier zu. Wie kann diese Top Selection Massale aus diesem 25-jährigen Weinberg so preiswert sein? Das übertrifft die breite Masse an Weinen in diesem Preisbereich bei weitem und stellt ja die hochwertigste Rebenselektion der Loewens. Auf dem Papier ist der Jahrgang 2024 sehr ähnlich zu 2021, hohe Extrakte, hohe Säuren, kleine Erntemenge. Geschmacklich ist es durch die höheren pH-Werte aber viel harmonischer und deutlich weniger grün als in 2021. Die Säuren sind total seidig und reif, die Texturen fast cremig, sehr dicht, dazu aber die kräuterig-steinige Aromatik eines kühlen Jahres. Wirklich ein faszinierender Jahrgang, wie eine moderne Version von 2008 mit mehr Eleganz. Wir gehen in 2024 trotz des kühlen Jahres weg von der Zitrusfrucht und gehen in Richtung Steinobst mit zarter Exotik. Strahlende Frucht mit duftiger Melone, weiße Johannisbeere, Zitronengras. Im Mund eine enorm hohe Spannung, kühler, saftiger Fluss mit einer wahnsinnig animierenden Säure, die fast ein bisschen Umami-Charakter hat in diesem Jahr. Das Wasser läuft im Mund zusammen, der Speichel fließt in Strömen. Nichts Spitzes, total reif und charmant, aber mit dem gewissen Extra im Finish, diesem kleinen Salzkick. Einfach mehr auf salziger Mineralität und Stein laufend. Quant hat mehr fruchtigen Charme. Der Varidor ist nochmal komplexer in der Art, er zeigt mehr mineralische Intensität und Vibration. Super!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!