Aldinger: Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs 2022

Aldinger: Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs 2022

VDP

Zum Winzer

Spätburgunder 100%
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2027–2042
pikant & würzig
fruchtbetont
tanninreich
Lobenberg: 96–97/100
Falstaff: 95/100
Suckling: 95/100
Deutschland, Württemberg
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs 2022

96–97
/100

Lobenberg: Die Lage Lämmler ist relativ groß, gilt auch als Wärmekammer wegen ihrer Kessel-artigen Form im Zentrum. Allerdings kühlt sie sich durch den Einfluss vom Schurwald auch sehr schnell ab sobald die Sonne erst einmal weg ist. Die nur etwa 0,3 Hektar kleine Gewann »Kaiser« liegt direkt unterhalb des Waldes und ist dadurch sehr kühl und windoffen. Das ist für die Aldingers die beste Pinot-Parzelle hier am Berg, bestockt mit über 40 Jahre alten Reben, die auf Mergel und Sandstein wurzeln. In manchen Jahren ist es sogar so kühl, dass hier auch der Grundwein für die Spitzensekte gelesen wird. Der 2022er wurde komplett als Ganztraube vergoren, anschließender Ausbau im Barrique mit durchaus spürbaren Neuholzanteilen. Die Nase ist dunkel, rauchig und würzig mit fesselnder Reduktion und Tiefe. Diese dunkle, graphitige Würze erinnert fast schon ein bisschen an die vom Schiefer geprägten Ahr-Pinots. Helle und dunkle Kirschfrucht mit Walderdbeere, dazu etwas Unterholz und Feuerstein. Sehr karg-mineralisch und elegant, nur eben nicht auf expressive Frucht gebaut, sondern auf puren Terroirausdruck. Am Gaumen dann sehr feinblättrig mit klarer, steiniger Mineralität. In Salz gewendete Waldfrüchte, Gesteinsmehl, etwas gegrillte Chili und Heilerde. Schöne Dichte aber so unglaublich fein dabei, durchzogen von feiner Säure, mit dichter Struktur und präsenter Tannintextur im Nachhall. Großartiger Schub aus der süß-sauren Frucht, die eindringliche Salzigkeit drückt immer wieder nach. Das ist ein großer, von kühlem Terroir geprägter Pinot aus Württemberg. Sehr schick und so typisch elegant-reduktiv, wie wir es von Aldinger kennen.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

95
/100

Falstaff über: Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs

-- Falstaff: Intensiv rauchig, reduktiv, dahinter kommt eine Frucht von Sauerkirsche und Heidelbeere zum Vorschein. Der Gaumen besitzt eine gewisse Weite, reife, dichte Gerbstoffe und eine lebendige Säure. Ein muskulärer Pinot, sehr typisch für die Lage.

95
/100

Suckling über: Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs

-- Suckling: Powerful and compact but energetic, with an intense wild herb character, this is a daringly original expression of pinot noir. The fine yet firm tannins (think Corton in Burgundy) give this terrific drive in the wild-ride finish. Great aging potential. Drinkable from release, but best from 2026.

Mein Winzer

Aldinger

In Fellbach, unweit entfernt von der Landeshauptstadt Stuttgart, befindet sich der VDP-Traditionsbetrieb Aldinger. Das älteste und bekannteste Weingut Fellbachs existiert schon seit 1492.

Spätbugunder Fellbacher Lämmler Kaiser Großes Gewächs 2022