Tenuta delle Terre Nere – Etna Bianco »Cuvee delle Vigne Niche« 2013

So hart diese Worte auch klingen mögen, aber der Sommer ist endgültig vorbei. Lediglich 10 Grad Außentemperatur, ein schneidender Wind und braune Blätter an den Bäumen stehen eindeutig für die dritte Jahreszeit. Dabei konnten wir uns über das Wetter in den letzten zwei Monat wahrlich nicht beklagen. Ich zumindest kann mich an keines der vergangenen Jahre zurück erinnern, an dem ich im September nahezu wochenlang in kurzer Hose und T-Shirt herumgelaufen bin. Der Spätsommer zeigte sich von seiner absoluten Schokoladenseite und ließ nicht nur uns schwitzen. Auch die Trauben in den Weinbergen der Republik bekamen eine ganze Menge an Sonne ab. Ob dies zum Vor- oder Nachteil war, wird sich erst in einigen Monaten zeigen. Abwarten ist die Devise.

Ab in den Süden

Um die beschwerliche Zeit des Wartens zu überbrücken und nicht in verfrühte Winter-Depressionen zu verfallen, holen wir uns die Sonne zumindest zurück in unsere Weingläser. Dazu verlassen wir die heimischen Gefilde.
Es geht ca. 2.000 Kilometer in den Süden. Genauer gesagt nach Sizilien.
Mit knapp 25.500 Quadratkilometern ist die Insel die flächenmäßig größte im Mittelmeer. Die geringe Entfernung zu Afrika (nur 145 km Luftlinie bis nach Tunesien) macht sich u. a. wetterspezifisch bemerkbar. Es herrscht ein mediterranes Klima mit sehr heißen Sommertagen (bis zu 45 Grad) und relativ milden Wintern. Niederschläge gehören in den Monaten Mai bis September zur absoluten Ausnahmeerscheinung.

Früher …

Eigentlich ideale Bedingungen um Weine zu erzeugen, die vor Frucht, Alkohol und Power geradezu strotzen. Ein Stil, der auf der Insel lange Zeit ausschließlich so praktiziert wurde. Dieser Wein wurde gemäß dem Motto »Quantität vor Qualität« produziert. Zumeist wurde er dann, fässerweise verkauft, zum Cuvetieren verwendet. Dabei sprechen wir von einer nicht gerade kleinen Menge. Sizilien ist mit einer Produktion von ca. 5 Millionen Hektolitern für etwa 12 % des gesamten italienischen Weinaufkommens verantwortlich. 103.000 Hektar Reben werden von den Winzern auf der Insel bewirtschaftet. Mehr Fläche hat keine andere Weinanbau-Region in Italien zu bieten.
Nutznießer dieses »Massenweines« waren u. a. Regionen auf dem italienischen Festland aber auch in anderen bekannten Weinnationen, deren produzierten Weinen die Kraft fehlte um auf dem nationalen wie internationalen Parkett bestehen zu können. Die Dampfhämmer aus Sizilien waren daher als Co-Partner das »Perfect Match«.

Heute …

Die Zeiten haben sich allerdings (auch hier) geändert. Seit etwa 10 Jahren hält eine junge Garde Winzer Einzug, die das Bild des sizilanischen Weinbaus peu à peu verändern.
Sie haben den Einheitsbrei früherer Tage satt, interessieren sich mehr für die Frische im Wein als für seine Marmeladen-Aromatik.
Um allerdings einen Stoff auf die Flasche ziehen zu können der diesem Idealbild entspricht, musste erst einmal das richtige Terroir gefunden werden. Denn die Hitze im Sommer ist im Zusammenhang mit dem Thema Überreife ein echtes Problem.

Weinbau am Ätna

Die Suche nach kühleren Regionen hat das Gebiet um den Ätna auf den Radarschirmen der Winzer aufblicken lassen. Denn an der Nordseite Europas aktivstem Vulkan, wo die Weingärten zum Teil bis zu 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegen, herrscht sogar im absoluten Hochsommer immer eine gewisse Kühle. Zwar sind die Temperaturen über den Tag gesehen sehr warm, in den Nächten kühlt es allerdings merklich ab. Diese Schwankungen sind u. a. dafür verantwortlich, dass die physiologische Reife der Trauben langsamer abläuft. So bleibt eine Feinheit & Eleganz gewahrt, die die besten Exemplare besitzen. Hinzu kommen die unverwechselbaren Lavaböden des Ätnas. Über Jahrhunderte haben vielerlei Vulkanausbrüche eine trockene, von Asche dominierte Landschaft geschaffen, die einmalig ist.
Zum Großteil wird sie von den autochthonen Rebsorten Nerello Mascalese auf der roten sowie Carricante auf der weißen Seite beherrscht. Zwar sind die Rotweine des Ätnas im mengenmäßigen Vergleich klar in der Überzahl. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie deshalb zwangsläufig die bessere Wahl sind.
Die Carricante zählt unter Kennern als eine der Top 5 Weißweintrauben Italiens. Sie kann relativ einfache, fruchtig, spritzige Exemplare erzeugen, die allerdings keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wenn ihr jedoch mit genügend Feingefühl, Selektion sowie der angemessenen Zeit begegnet wird, kann sie Weine hervorbringen die durchaus in der oberen Klasse mitspielen können.

Die Tenuta delle Terre Nere

Neben Andrea Franchetti (<link http: www.gute-weine.de italien sizilien passopisciaro.html _self>Passopisciaro) sowie Frank Cornelissen erkannte Marco de Grazia als einer der Ersten das ungeheure Potential der Region Ätna. Lange Zeit war er erfolgreich als Importeur für italienischen Wein in den USA tätig, bevor der Sohn einer bekannten italienischen Malerin und eines mit dem Pulitzer-Preises geehrten Philosophie Professors Anfang des neuen Jahrtausends begann seinen eigenen Wein herzustellen.

Anfangs lag sein Augenmerk deutlich auf den roten Rebsorten, doch nach einem eingängigen Erlebnis mit einem 42 Jahre alten Etna Bianco aus der Carricante Traube, erwuchs in de Grazia der Wunsch einen solchen Wein selbst herzustellen. So kam es, dass er im Jahre 2007 unter dem Label der Tenuta delle Terre Nere seinen ersten reinsortigen Carricante abfüllte. Die <link http: www.gute-weine.de catalogsearch result _self>Cuvee delle Vigne Niche.

Die Cuvee delle Vigne Niche

Das Traubenmaterial für die Cuvee stammt aus vielen einzelnen, kleinen, verstreuten Parzellen (Niche = Nische), die sich in ihrer Gesamtheit etwa auf 1,5 Hektar summieren lassen und zwischen 600–900 Meter über dem Meeresspiegel angesiedelt sind. Die Rebstöcke haben dabei ein beträchtliches Alter von 25 bis zu 60 Jahren.
Im Jahr 2013 begann die Lese Anfang Oktober. Ein relativ später Zeitpunkt für sizilianische Verhältnisse. Einige Kollegen de Grazias hatten zu dieser Zeit schon ihre gesamte Ernte im Keller.
Das Warten lohnte sich aber, denn die Trauben konnten lange am Stock ausreifen um dann zum optimalen Zeitpunkt gelesen zu werden.
Nach einer sanften Pressung ging es mit dem Most zur Fermentation ins große Holzfass. Im weiteren Verlauf wurde ebenfalls auf Holz gesetzt, denn es folgte ein 10-monatiger Reifeprozess im französischen Barrique-Fass bevor der Stoff auf die Flasche gezogen wurde. 8 Monate Ruhe im Flaschenlager stellen die letzte Stufe vor dem Verkauf des Weines dar.

Und wie schmeckt das Ganze jetzt?

Der etwas längere Reifeprozess kann schon beim Einschenken beobachtet werden. Der Wein hat eine intensive, leuchtende, hellgoldene Farbe, die etwas an einen gereiften Mersault aus dem Burgund erinnert.
Reife ist in der Nase allerdings kein Thema mehr, es kommt vielmehr bereits das enorme Entwicklungspotential dieses Weines zu Geltung. Weiße und gelbe Blüten, frisch aufgeschnittene Birne, Zitronenabrieb sowie mit etwas mehr Zeit und Temperatur im Glas ein ganzer Busch an Wiesenkräutern. Hinzu kommt eine feine Karamell-Komponente die vom Holzeinsatz herrührt aber keinesfalls störend wirkt. Eine dezente Honignote bindet diesen Strauß an Aromen zusammen.
Am Gaumen dominiert das Terroir. Viel Salz & Mineralität, daneben etwas geröstete Haselnuss sowie Kamille. Trotz der eher niedrigen Säure wirkt der Wein sehr frisch und lebendig. Das lange Finish, welches mit ordentlich Druck ausgestattet ist, verrät das wir hier in 5–10 Jahren noch einiges an Entwicklung erwarten können.

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