Lobenberg: Eine leichte geneigte Ost-Lage auf knapp 300 Metern. Die Aligoté Doré-Stöcke sind 1949 gepflanzt, das ist der hochwertigere Aligoté. Alle Weine bei Sylvain entstehen in biodynamischer Weinbergsarbeit, Handlese mit kleinsten Erträgen, alles macht der Großmeister höchstpersönlich. Alles wird spontanvergoren. Das Ausgangsmaterial wird angequetscht und dann als Ganztraube auf der kleinen Korbpresse über mehrere Stunden gekeltert. Sylvain Pataille mag keinen Schalenkontakt bei Weißweinen, weil er nicht mag wie es die Aromatik verändert. Der Most geht dann ungeklärt, ungeschwefelt und unbearbeitet direkt ins Holz in die Spontangärung. Charme aux Pretres hat einen sehr komplexen Boden mit rotbraunem Mergel über mehreren Kalksteinschichten verschiedener Zeitalter. Der Charme aux Pretres duftet so typisch für Sylvain Pataille, ist quasi wie sein Signature-Wein. Die Nase gibt aktuell noch nicht viel preis, hat eine noble Reduktion, mit Luft steigt eine von vielen Kräutern und Blüten umspielte Zitrusfrucht auf, grüne Mandarine, Litschi, viel pinke Grapefruit. Eine versammelte, kompakte Nase, ohne jedoch, dass der Wein auch nur in die Nähe von Fett käme. Das Ganze ist enorm frisch, spannungsgeladen, energetisch. Diese extrem komplexe Bodenstruktur gibt dem Wein so viel mit, Erde, feuchter Lehm, warmer Sandstein. Sehr steinig und zugleich sehr erdig, weißer Trüffel, auch etwas Pfirsich taucht auf. Der Mund kracht Pataille-typisch massiv, die Augen ziehen sich zusammen, geschliffen-fokussierte Säurespur, nur geradeaus und zwar mit viel Dampf. Gleichzeitig total reif, nicht aggressiv. Die Säuren sind zwar prägnant und geben dem Wein seine Richtung, nämlich nur nach vorne, aber trotzdem ist es fein und total reif. Die hohe Intensität dockt an allen Nervenenden im Mundraum an, alles zieht sich zusammen, man wird einfach nur geflasht von diesem Mundgefühl, der Struktur und Energie. Les Champs Forey war schon super, aber dieser Charme aux Pretres setzt an vielen Enden nochmal einen drauf. Er ist noch etwas wilder, noch etwas nussiger, oxidativer und intensiver in allen Facetten. Enorme Länge, ungeheure Konzentration, Frische ohne Ende, der Wein hat einfach alles. Er ist jetzt schon ein Genuss, wenn man mutig genug ist sich heranzutrauen an diesen etwas extremistischen Hammer. Er wird sicher 10 Jahre und weit länger halten. Ein grandioser Aligoté. 95-96/100
Nach einem erneut eher milden Winter kamen Austrieb (März) und Blüte (Mitte Mai) wieder recht früh in 2020. Es folgte ein warmer Sommer, der aber weniger extreme Hitzespitzen wie 2019 und 2018 hatte und vor allem durch kühlere Sommernächte eine robuste Säurestruktur erhalten konnte. Häufig wird vergessen, dass Hitze und vor allem Trockenheit nicht nur die Zuckerentwicklung, sondern auch die Säuren und Gerbstoffe durch niedrige Erträge und dicke Beerenschalen aufkonzentrieren. Dieser mediterrane Powersommer hat dem Burgund Mitte August den frühsten Lesestart seit 2003 beschert, dennoch wurden die vollen 100 Tage Reifezeit nach der Blüte erreicht bis zur Lese. Aufgrund der sehr trockenen Verhältnisse waren die Trauben weitgehend kerngesund und vollreif – Fototrauben soweit das Auge reicht! Wohingegen an der Côte de Beaune fast durchschnittliche Mengen Chardonnay geerntet werden konnten, war der Ertrag beim Pinot Noir an der gesamten Côte d’Or durch die winzige Beerengröße geringer noch als im Vorjahr 2019. Die Chardonnays betören mit dem selben imposanten Fruchtdruck und einer Power wie 2019. Sie wirken allerdings schlanker und feiner, auch aufgrund von lebhafteren Säuren, die eher an 2017 denken lassen. Es ist mit 2014 und 2017 ziemlich sicher das beste Weißweinjahr der letzten 10 Jahre. Die Balance der weißen 2020er ist herausragend! Die Pinot Noirs sind etwas weniger einheitlich balanciert. Je nach Terroir und Erntezeitpunkt, changieren sie zwischen bestechender Eleganz, Kühle und Finesse bis hin zu gewaltiger, mediterraner Struktur mit hoher Reife bis hin zur Überreife in einigen Fällen. Die topgesunden Beeren waren dickschalig, klein und kernig und gaben nur widerwillig ihren hochkonzentrierten, hochintensiven Saft preis. Die Fruchtfülle und das Parfüm der roten 2020er ist gewaltig, wie dichte Wolken aus Waldfrüchten und dunkler Kirsche schiebt es tieffarbig und reich aus dem Glas. Die Konzentration ist berauschend, die besten 2020er stellen die exzellenten Vorjahre sogar noch in den Schatten – in der Spitze war absolute Weltklasse möglich in diesem Blockbusterjahr. 2020 ist ein beeindruckendes und großes Jahr, das bei den Top-Domaines mit zum besten zählt, was es in den letzten Jahrzehnten gab. Zurücklehnen und genießen mit den verführerischen Pinots und sich mitreißen lassen von den berauschenden Chardonnays. Die erneut kleinen Erträge und der harte Frost in 2021 erzeugen weiter Mengendruck auf das Burgund und die besten 2020er werden schnell rar und gesucht sein.