Lobenberg: Aus dem historisch heiß-trockenen Jahr 2022 kommen gerade vom kühleren Norden des Rhônetals so unglaublich gute Weine. Familie Tardieu war schon vor unserem Tasting voll Euphorie und Freude über den superben Jahrgang, der ein bisschen wie 2019 die Quadratur des Kreises aus Reife und Frische verbindet. Und wenn man hier beim Condrieu, der schon letztes Jahr so genial war, die Nase ins Glas hält, weiß man auch weshalb. Was für ein betörend, reiches und zugleich geschliffen-elegantes Bouquet. Weißfleischig und glockenklar, viel weißer Pfirsich, aber nicht duftig, sondern voller Spannung, Pistazie und Olivenöl, auch grüne Oliven, dann kommt Muschelschale und Rosmarin. All das vereint sich zu einem Duft, der so köstlich südfranzösisch ist, dass man darin versinken mag. Zugleich ist er so unglaublich geschliffen, balanciert und in sich ruhend, dass man sogar meinen könnte einen Chardonnay vom Kalkstein vor sich zu haben. Hochintensiv und doch spielerisch leicht. Nichts Fettes, kein Holz ist spürbar, nur hohe Intensität. Alles wirkt wunderbar unbeschwert, weil die Balance so gut ist und weil alles einfach passt. Die feine helle Frucht, die salzige Mineralität, die total zarte Säure, die Geschmeidigkeit, kein Deut zu viel und doch brachial intensiv. Es ist eine Kunst, das so hinzubekommen, denn es ist genau, was man sucht. Es ist eine Ode an die Trinkbarkeit, wenn ein Condrieu so leichtfüßig und mineralisch strahlend auf die Zunge kommt. Ein Wunderwerk der Finesse, schwebend und balanciert, ohne dass der Druck von Condrieu und der üppige Schmelz hier fehlen würden. Groß wie letztes Jahr – und doch ganz anders. Berauschend gut! 97-100/100 *** 45 Jahre alte Reben. 14 Alkohol. Aus 6 verschiedenen Terroirs gewonnen. Ganztraubenpresse, dann Spontanvergärung und Ausbau auf der Feinhefe für 10 Monate im Burgunder-Barrique. Keine Schönung und Filtration. Diam-Kork.
Der Jahrgang 2022 ist ein multikomplexer, kontrastreicher, heterogener und ganz und gar ungewöhnlicher Jahrgang - offensichtliche Folgen des Klimawandels? Die Rhone hat in den letzten zwei Jahren somit zwei extreme, paradoxe und diametral entgegengesetzte Jahrgänge erlebt. 2021 war frostig, kühl und regenreich, klassisch aufregendes cool-climate. 2022 war dagegen viel zu trocken und extrem sonnig. Dieser schnelle Wechsel macht etwas ratlos und 2022 stellt sogar die Zukunft mancher Weinberge dauerhaft in Frage. Der schon jetzt zu einem der besten Jahrgänge des letzten Jahrzehnts erklärte Jahrgang 2022, den manche gar mit 1978 vergleichen, hält zwar im Norden wunderbare, ja grandiose Überraschungen bereit, aber im Süden durchaus auch einige herbe Enttäuschungen. Die Widerstandsfähigkeit der Reben angesichts der klimatischen Extremsituationen erstaunt dennoch! Die mehr oder weniger intensiven Regenfälle Mitte August und September retteten dann die Weinberge und Regionen, in denen der Punkt ohne Wiederkehr durch Wasserstress noch nicht erreicht war, manchmal aber war es zu spät. 2022 ist somit durch sehr starke Heterogenität zwischen und auch innerhalb der Appellationen gekennzeichnet, grandiose Schönheiten und vertrocknetes, unreifes Elend liegen oft nah beieinander, alles hing am seidenen Faden. Unsere Verkostungen bei den Erzeugern und unsere akribische Auswahl hat in diesem Jahrgang 2022 noch mehr Bedeutung als je zuvor.Südliche Rhone:Wider Erwarten sind die Weißen harmonisch, aromatisch und nicht fett und alkoholisch, es gibt viele großartige Erfolge. Erstaunlich und superb! Die Qualität der Roten ist deutlich heterogener. Unbalanciertheit, Disharmonie, spröde und harte Tannine und mangelnde phenolische Reife findet man in vielen jungen Reben. Nur sehr alte Reben mit minimalen Erträgen und tiefem Wurzelwerk bieten komplexe und anmutige, ja sogar ganz große Weine der historischen Extraklasse.Nördliche Rhone:Der kühlere Norden blieb von den meisten Leiden des Jahrgangs verschont. Die vollständige Reife wurde fast immer erreicht und die Alkoholgrade blieben moderat. Die Gaumen der gleichermaßen großartigen Weißen und Roten sind üppig, prall und dennoch straff. Weine mit Typizität und Stil, die Sommeliers und Restaurants gleichermaßen glücklich machen werden. Ein historisch großer Jahrgang!