Jülg: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2022

Jülg: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2022

VDP

Limitiert

Zum Winzer

Pinot Noir 100%
rot, trocken
13,5% Vol.
Trinkreife: 2028–2047
seidig & aromatisch
pikant & würzig
saftig
Lobenberg: 98/100
Falstaff: 98/100
Galloni: 95/100
Deutschland, Pfalz
Allergene: Sulfite,
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2022

98
/100

Lobenberg: Der »KB« wächst im Kammerberg, im französischen Teil der Lage Sonnenberg, also tatsächlich zu 100 Prozent in Frankreich. Das, was früher der Top-Wein Opus Oskar war, ist jetzt komplett hier drin. Sehr purer Kalkstein, eine steilere Lage. Selektive Handlese, Spontangärung in Edelstahl, 18 Monate Ausbau in 60 Prozent neuen Barriques mit erster bis dritter Belegung, dann unfiltriert abgefüllt. Immer vollständig entrappt, aber mit viel Pigeage, also Unterstoßen, weil für Johannes Jülg Struktur und Tannin schon Kernelemente sind. Er sucht aber eine andere Herangehensweise, bringt das Tannin durch die Kerne und durch etwas erhöhte Neuholzanteile. Rappen sind nicht sein Ding, er will die pure Beerigkeit behalten. Der Kammerberg ist kirschiger als der beerige Kostert, purer, zeigt mehr Eisen und Jod, hat salzige Anklänge, Austernschale, kleine knubbelige Sauerkirsche, süße Schwarzkirsche auch dazu. Unglaublich elegant, das treibt einem fast tränen in die Augen ob dieser enormen Brillanz. Maulbeere mit Rosa Pfeffer gespickt, Berberitzen und fast zitrische Öligkeit. Am Gaumen ist das Tannin zupackend. Aber ultrafein. Das schiebt mit feinem Salz über die Zunge, erzeugt Speichelfluss, aber vor allem ordentlich Druck. Diese Energie ist bemerkenswert, die konzentration verblüffend. Unheimlich tänzelnd, schlank und vibrierend, nur auf der Mineralität gebaut. Kostert ist köstlicher, Kammerberg ist faszinierender. Ein großer, fesselnder Wein. Langlebigkeit und Tiefgründigkeit auf absolutem Top-Level.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

98
/100

Falstaff über: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs

-- Falstaff: Duftig: Kirsche und Tomatengrün, Milchschokolade, Himbeere, Leder, Kräuter. Im Mund entfaltet sich ein enormer Tannindruck, ein mehliger, feiner, reifer Gerbstoff, der von saftiger Säure und intensiver Kalkmineralik gekontert wird, tief und vibrierend, aber auch mit finessereichen Zwischentönen, enorm jung.

95
/100

Galloni über: Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs

-- Galloni: The 2022 Spätburgunder Sonnenberg KB comes from the Kammerberg and is grown on pure limestone without the moderating influence of loam. Subtle toast on the nose shows an initial glimpse of oak before a lifted, cool limestone Pinot-ness kicks in. Vivid freshness and a sinuousness, packed with the finest tannin, define the palate. This is a stone-forward Pinot. It's all red fruit, stone, depth and coolness. The 2022 is bright, chalky, graceful, firm and fine. This is an emblematic limestone Pinot Noir. (Bone-dry)

Mein Winzer

Jülg

Das Weingut Jülg im südpfälzischen Schweigen-Rechtenbach ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Winzer Johannes Jülg zählt mit seiner absolut eigenständigen und sehr burgundischen Stilistik bereits seit einigen Jahren zur qualitativen Spitze der Pfalz.

Spätburgunder Sonnenberg KB (Kammerberg) Großes Gewächs 2022